Kongressprogramm

Sie sollten sich schämen! Scham als Grundlage mediativer Verfahren.
Scham als Basis der Mediation

Abstract:
Die Scham wird als artspezifische, komplexe, soziale Emotion des Menschen beschrieben, die unter anderem auf dem Bewusstsein beruht, durch abweichende Handlungen sozialen Erwartungen oder Normen nicht entsprochen zu haben. Neben Gefühlsausdrücken wie das nicht-in-die-Augen-schauen-können und körperlichen Reaktionen wie schwitzen oder Herzrasen geht insbesondere das Erröten als körperliche Reaktion mit Scham einher. Seit langem befassen sich unterschiedliche Wissenschaften mit der Scham auch als Regulativ der Sozialkontrolle. So setzt die christliche Theologie die Scham an den Anfang menschlicher Existenz; Norbert Elias beschreibt den Prozess der Zivilisierung mit einem Vorrücken der „Schamschwellen“. In der Kriminologie hat der Australier John Braithwaite auf Grundlage der Scham nicht nur eine allgemeine Kriminalitätstheorie entwickelt, sondern diese Emotion in den Mittelpunkt seines Ansatzes des Reintegrative Shaming gestellt: die Gesellschaft soll ihre Konflikte eigenständig mittels beschämender Missbilligungsrituale und Wiedereingliederungszeremonien lösen und damit einen gemeinschaftsorientierten Umgang mit Konflikten, Scham und Beschämung als reintegrierendes Verhaltensregulativ anregen. Nach diesem Modell ist die Scham Voraussetzung jeglicher mediativer Verfahren. Der Vortrag gibt ein Überblick der Scham als Grundlage mediativer Verfahren.

Vita:
Marc Coester hat Erziehungswissenschaft studiert, arbeitete als Sozialpädagoge sowie an den Instituten für Kriminologie in Tübingen und Marburg, war Projektleiter beim Landespräventionsrat Niedersachsen und ist heute Professor für Kriminologie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Er ist Präsident des DBH-Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik.
20. Juni 2017
10:30 - 12:30 Uhr
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