BDK - Achtsam im Alter

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Ein Ratgeber des Bund Deutscher Kriminalbeamter

Kripo- TIPPS
ACHTSAM IM ALTER

Köln: Nach einem Raub auf eine 73-jährige Frau am Donnerstagabend auf der Frankfurter Straße im Stadtteil Ostheim sucht die Polizei Köln Zeugen. Nach aktuellen Erkenntnissen sollen zwei junge, schlanke, dunkel gekleidete Männer mit Mützen der Seniorin gegen 22 Uhr in Höhe des Vingster Rings die Handtasche so gewaltsam von hinten entrissen haben, dass die Frau stürzte und sich am Arm verletzte. Anschließend seien die beiden etwa 1,65 Meter großen Täter in Richtung Gernsheimer Straße weggerannt. Ein Rettungswagen fuhr die Frau vorsorglich in ein Krankenhaus. Zeugen, die Angaben zum Tatgeschehen und/oder zu den beschriebenen Männern machen können, werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden […]“

Liebe Leserinnen und Leser, so wie oben oder ähnlich ist es leider oft in den Medien zu lesen. Immer wieder nutzen Kriminelle fehlendes Misstrauen bei älteren Menschen aus – fehlendes Misstrauen am Telefon, fehlendes Misstrauen an der Haustür, aber auch fehlendes Misstrauen bei der Teilnahme am ganz normalen öffentlichen Leben.

„Achtsam im Alter“ haben wir die vorliegende Broschüre genannt – doch was heißt „Alter“ eigentlich? Ist man alt, wenn man 60 ist, ist man alt, wenn man 70 oder erst über 80 ist? Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt zwar deutlich, dass die Personengruppe der Seniorinnen und Senioren unter den Opfern geringer ist als in allen anderen Altersgruppen. Dennoch, der Schaden – ob psychischer oder auch finanzieller Art – ist bei dieser Altersgruppe leider sehr groß und sehr nachhaltig. Dies gilt besonders für Eigentumsund Vermögensdelikte, die durch Täuschungshandlungen begangen werden. Hochspezialisierte Tätergruppen entwickeln Modi Operandi, die auf die älteren Generationen zugeschnitten sind. Dabei spekulieren sie darauf, dass ihre Opfer nicht gut informiert und einfach zu verunsichern sind.

Dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) geht es in dieser Broschüre um Prävention von Kriminalität gegenüber einer Bevölkerungsgruppe, die wir zu den Schwächeren zählen. Nicht weil sie körperlich, mental oder geistig schwach ist, sondern weil ihr fehlendes Misstrauen sie leichter angreifbar macht. Kriminelle Betrügerinnen und Betrüger machen sich genau das zu eigen. Sie nutzen dieses fehlende Misstrauen aus, um genau diese Bevölkerungsgruppe zu schädigen.

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Vorwort

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Diese Präventionsbroschüre möchte aufmerksam machen. Sie möchte aber auch allen Angehörigen einen Fingerzeig geben, mit den Seniorinnen und Senioren in der Familie und im privaten Umfeld zu sprechen: Macht sie aufmerksam auf das zu achten, was in ihrem nahen Umfeld leider passieren kann! Denn auch für Angehörige, Freunde, Bekannte und Nachbarn bietet diese Broschüre Informationen, welche Situationen ein besonderes Risiko bergen können.

Schön wäre es, wenn wir es schaffen, ein wenig das Verhalten zu ändern, zu beeinflussen und dadurch die Gefahr zu mindern, dass unsere „Alten“ Opfer von Straftaten werden. Aber auch wenn es schon so weit gekommen ist, gilt hier die Botschaft: „Sie sind nicht allein!“ Es gibt zahlreiche Hilfsorganisationen, die wir Ihnen in dieser Broschüre vorstellen und deren Erreichbarkeit wir Ihnen nennen.

Wir möchten mit dieser Broschüre über alte und neue Tricks von verschiedenen Tätergruppierungen aufklären. Lernen Sie, Situationen richtig einzuschätzen, und wehren Sie sich gegen Kriminelle, die versuchen, in Ihre Wohnung zu gelangen. Entlarven Sie falsche Verwandte und erkennen Sie betrügerische Gewinnversprechen oder gefährliche Situationen im öffentlichen Leben.

Lesen Sie bitte diese Broschüre mit Interesse und nicht mit dem Gedanken, das kann Ihnen nicht passieren.

Herzlichst Ihr

Hans Hülsbeck

Redaktion Kripo-TIPPS

Sprecher Prävention und Opferschutz des BDK

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Was Sie in dieser Broschüre finden 1. Achtsam im Umgang mit digitalen Endgeräten ........................ 6 1.1 Datensparsamkeit .............................................................................. 7 1.2 Starkes Passwort ..............................................................................10 1.3 Freunde finden oder Opfer werden? ....................................... 11 1.4 Sicheres Einkaufen im Internet .............................................. 12 1.5 Betrügerische Onlineshops erkennen und vermeiden .... 13 2. Achtsam in der eigenen Wohnung/an der Haustür ................14 2.1 Trickdiebstahl (falsche Handwerker) 14 2.2 Falsche Gewinnversprechen am Telefon............................. 15 2.3 Enkeltrick ....................................................................................... 17 2.4 Falsche Polizistinnen und Polizisten .................................. 22 3. Achtsam bei der Teilnahme am öffentlichen Leben .............. 25 3.1 Ansprache durch fremde Personen (Wahrsager etc.)...... 25 3.2 Situation am Geldausgabeautomaten .................................. 26 4. Achtsam bei Krankheit .................................................................... 27 4.1 Gewalt in der Pflege .................................................................... 27 4.2 Vollmachtsmissbrauch 29 5. Hilfe für Opfer ...................................................................................... 31 6. Impressum ........................................................................................... 32 5

1. Achtsam im Umgang mit digitalen Endgeräten

Hat das Internet die Seniorinnen und Senioren abgehängt? Können sie sich im Internet überhaupt bewegen? Oder wissen sie erst gar nicht, was das Internet ist?

Als Erstes müsste man sich die Frage stellen, ab welchem Alter überhaupt man von „Senioren“ spricht – sind es 60-Jährige, 65-Jährige oder älter? Die heute 65-Jährigen waren 45, als der Aufstieg des Internets begann. Mit 45 waren damals die meisten durchaus in der Lage und auch willens, sich mit diesem neuen Medium auseinanderzusetzen, sie sind daher heute in keiner Weise so hilflos, wie sie immer dargestellt werden. Dennoch gibt es sehr viele ältere Menschen, die Hilfe benötigen! Ob das daran liegt, dass sie Senioren sind, mag dahingestellt sein. Betagtere sehen das Internet durch-

aus als Gewinn, etwa für die eigene Mobilität und Kontaktpflege. Denn es bietet z. B. eine gute Möglichkeit, den Kontakt zu alten Freunden, Schulfreunden oder auch zur Familie zu pflegen. Auch zur Partnersuche nutzen ältere Menschen häufig das Internet.

Wo können Senioren Unterstützung oder Hilfe finden? Zahlreiche Vereine, Vereinigungen und Hilfsorganisationen haben sich genau das zum Ziel gesetzt. Modelle wie „Jugend hilft Alter“ gibt es in vielen Kommunen und Gemeinden Deutschlands, hier treffen sich die sehr

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technikaffinen Jugendlichen und erklären den älteren Menschen das Internet. Viele verschiedene Vereine oder Websites beschäftigen sich ausschließlich mit dieser Thematik. Angelehnt an die Haarfarbe werden die Senioren mal „Silver Surfer“ genannt, mal heißt es einfach nur „Internet-Sprechstunde für Senioren“, „Digital Initiative für Senioren“ oder „OnlineStammtisch für Senioren“.

1.1 Datensparsamkeit

Welche Informationen geben Sie von sich preis? Nutzen Sie Ihre echten Daten oder erstellen Sie sich einen Avatar? Grundsätzlich müssen Sie auf vielen Websites Ihre echten Daten eingeben, z. B. wenn sie eine eigene E-Mail-Adresse für Bezahlsysteme anlegen. Was aber veröffentlichen Sie von sich persönlich im Internet? Datensparsamkeit, Datensicherheit und auch Schutz der eigenen Daten sind in diesem Zusammenhang die grundlegendsten Begriffe. Wenn Sie hier die notwendige Sorgfalt an den Tag legen und alle Tipps tatsächlich umsetzen, dann kann Ihnen fast nichts mehr passieren. Sie müssen wissen, dass alles, was im Internet über Sie veröffentlicht ist, alle Daten, die Sie von sich preisgeben, von jedem irgendwie oder irgendwo auf irgendwelche Weise gelesen, manipuliert und von Kriminellen natürlich auch missbraucht werden kann. Ihre Daten können gegen Sie persönlich verwendet werden. Es besteht aber auch die Gefahr, dass Kriminelle sie unter Ihrem Namen nutzen, um online Einkäufe zu veranlassen,

die Ihr Konto belasten, interaktive Unterhaltungen (Chats) unter Ihrem Namen durchführen oder andere strafbare Handlungen tätigen, für die man Sie hinterher belastet. In diesem Falle wäre es für Sie sehr schwierig, den Ermittlungsbehörden nachzuweisen, dass Sie gar nicht die Nachricht verfasst oder den Schaden verursacht haben. Dies gilt im Übrigen für alle Internetnutzerinnen und -nutzer, egal welchen Alters. Muss man wirklich die komplette Wohnanschrift angeben, seine Telefonnummer, seine Kontodaten? Ist es tatsächlich notwendig, jeden einzelnen Post zu kommentieren?

Daten sind in der heutigen Zeit eine Geldquelle. Mit Daten wird im Internet bezahlt, jedes Programm, jede App oder Ähnliches, was Sie sich herunterladen, bezahlen Sie mit Ihren Daten. Natürlich gibt es auch seriöse Plattformen, auf denen man seine Kontodaten oder auch die Kreditkartennummer eingeben muss, aber überlegen und prüfen Sie vorher genau, auf welchen Plattformen Sie das machen. Immer und überall erreichbar sein ist in der heutigen Welt oft ein Muss. Dabei hilft uns natürlich auch der Ausbau des freien und überall kostenfrei zur Verfügung stehenden Internets –das kabellose Netz wird auch Wireless Local Area Network (WLAN) genannt. Die als WLAN-Hotspots bezeichneten öffentlichen Netzzugänge sind nahezu überall eingerichtet bzw. werden kostenfrei angeboten. Die Deutsche Bahn, fast jedes öffentliche Kaffee, in Hotels und auch an vielen öffentlichen Plätzen steht freies

Avatar

Ein Avatar ist eine künstliche Person oder eine Grafikfigur, die einem Internetbenutzer in der virtuellen Welt zugeordnet wird, beispielsweise in einem Computerspiel.

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WLAN zur Verfügung. Und gerade hier ist es noch wichtiger, all die bereits genannten Sicherheitsvorkehrungen zu beachten. In einem freien WLAN ist es Dritten durchaus möglich, den Datenverkehr zu überwachen, zu dokumentieren oder zu manipulieren. Das liegt daran, weil es in dem schnellen und unkomplizierten WLAN-Zugang so gut wie keine tatsächlichen Sicherheitsvorkehrungen gibt. Daher sind hier auch ganz klare Verhaltensregeln bzw. zu ergreifende Maßnahmen zu beachten. Insbesondere bei der Nutzung öffentlicher Netzwerke kann es keine absolute Sicherheit geben. Es ist durchaus möglich, einen verschlüsselten Zugang über ein sogenanntes Virtual Private Network (VPN) einzustellen oder sogar die automatische Anmeldung bei bekannten WLAN-Hotspots zu deaktivieren. Ob dies jedoch am Ende reicht, kann nicht gesagt werden. Die Entscheidung über die Nutzung des freien WLANs steht jedem frei, jedoch sollten Sie ganz sensible Daten wie Kontodaten oder andere Bankdaten in einem öffentlichen WLAN nie freigeben, also nutzen.

Onlinebanking in einem öffentlichen WLAN kann nicht hundertprozentig sicher sein und birgt große Gefahren. An einem einfachen Beispiel lässt sich das leicht erklären: Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Hotel und erhalten an der Lobby das gleiche WLAN-Passwort wie Ihr Zimmernachbar. Kann dies dann noch ein gesichertes Netzwerk sein? Es ist durchaus möglich, mit einigen wenigen Klicks bzw. mit we-

nigen Tricks das Handy, das Smartphone oder den Laptop auszuspionieren. Insbesondere wenn Sie geschäftlich unterwegs und darauf angewiesen sind, auch mobil zu arbeiten und dazu ein freies oder ein öffentliches WLAN nutzen, dann sollten Sie sich über die Einrichtung eines VPN informieren.

Bequemlichkeit vs. Sicherheit – diese Wahl müssen Sie selbst treffen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gibt Ihnen hierzu weitergehende Informationen, den Link finden Sie in der Linksammlung am Ende dieses Ratgebers.

Zeitungsmeldungen lassen immer wieder aufschrecken: Eingebaute Webcams wurden von Hackern manipuliert und nahmen so die peinlichsten Situationen auf, die dann entweder im Internet veröffentlicht wurden oder zu Erpressungen dienten. Simple Maßnahmen können das ver-

Virtual Private Network bezeichnet eine Netzwerkverbindung, die von Unbeteiligten nicht einsehbar ist.

VPN
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hindern. Die einfachste Maßnahme wäre es, Sie kleben ihre Webcam ab, so wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, dessen Laptop während eines TV-Interviews im Hintergrund mit abgeklebter Webcam zu sehen war. Dadurch können Sie jedoch unter Umständen die Webcam und die empfindliche Linse dahinter beschädigen. Auch gibt es zahlreiche Gadgets, die vor dem ungewollten Angriff auf die Webcam schützen. Beispiele hierfür sind ein Webcam-Schieber und auch RFID-Kartenhüllen. Beides finden Sie u. a. im Angebot des BDK-Shop: www.bdk-shop.de

1.2 Ein starkes Passwort

Ein sicheres Passwort ist die halbe Miete für den sicheren Umgang im Internet –diese oft gehörte Aussage ist bestimmt nicht falsch. Das Passwort ist Ihr persönliches Sicherheitsmerkmal, um im Internet zu kommunizieren oder bestimmte Seiten zu öffnen – eben um sich zu identifizieren.

Aber wie sieht ein sicheres Passwort aus? Das meistverwendete Passwort lautet tatsächlich „Passwort“. An zweiter Stelle rangiert „12345678“, dicht gefolgt von dem eigenen Geburtsdatum, den Geburtsdaten der Kinder oder vielleicht der Partnerin oder des Partners.

Schon beim Lesen dieser Zeilen können Sie überlegen, ob Sie sichere Passwörter einsetzen. Bis vor einiger Zeit wurde empfohlen, dass ein Passwort mindestens acht Zeichen lang sein und sowohl

große als auch kleine Buchstaben enthalten soll, zudem Zahlen und auch Sonderzeichen. So schnelllebig wie die gesamte Internetwelt ist, hat sie sich auch in puncto Sicherheit weiterentwickelt. Heutzutage spricht man von einem starken Passwort bei mindestens zwölf Zeichen, die wie vorher auch Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen enthalten. Außerdem wird von zusammenhängenden Wörtern abgeraten, die man in jedem Wörterbuch findet. Warum? Es bedarf keiner großen kriminellen Energie oder eines speziellen Wissens, um einfache Passwörter mithilfe frei zugänglicher Programme aufzuspüren. Insbesondere, wenn es einfache Passwörter sind. Ein starkes Passwort zu erstellen verlangt von Ihnen ein wenig Fantasie.

Ein Passwort, das nur Sie kennen, in keinem Algorithmus zu finden ist und dessen Erstellung nur wenige Sekunden benötigt!

Unmöglich, sagen Sie? Nein, ganz im Gegenteil: Überlegen Sie sich einen einfachen Satz mit einer Zahl, unter Beachtung der deutschen Rechtschreibung, also mit Großund Kleinschreibung. Formulieren Sie diesen Satz als Frage, als Bestimmungs- oder Aussagesatz, z. B. „Jeden Abend, wenn ich um 20 Uhr nach Hause komme, begrüße ich meine Familie.“. Nun übernehmen Sie nur die Anfangsbuchstaben, Ziffern und Satzzeichen – das generierte Passwort lautet somit „JA,wiu20UnHk,bimF.“

Weitere Beispiele können Sie der Webseite des LKA NRW entnehmen:

Gadget bezeichnet ein technisches Werkzeug oder Gerät mit bisher so nicht bekannter Funktionalität und/oder besonderem Design. Es ist traditionellerweise klein und handlich und zum Mitführen konzipiert.

Gadget
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www.mach-dein-Passwort-stark.de

Innovativ und durchaus unterhaltsam werden Sie hier kostenfrei auf einen siche-

Zähl mal nach:

Mein Marienkäfer hat 177 Punkte!

reren Umgang mit digitalen Endgeräten hingewiesen.

Dieses Passwort erfüllt alle Anforderungen und ist ein einfacher Satz, den sich der Ersteller oder die Erstellerin ganz leicht merken kann. Ein wenig Übung, und schon haben Sie Ihr wirklich sicheres Passwort. Zudem raten wir dazu, für jeden genutzten Dienst ein anderes Passwort zu verwenden, zumindest aber nicht ein und dasselbe Passwort für alle im Gebrauch befindlichen Dienste. Nicht geübte Internetnutzer geraten hier schnell an ihre Grenzen. Wie soll man sich zehn oder zwölf Passwörter merken? Auch hier können Sie sich mit dem beschriebenen System helfen. Nehmen Sie das Grund-Masterpasswort (s. o.) und wandeln Sie es um. Tauschen Sie die Zahl, das Satzzeichen oder Ähnliches um. Benutzen Sie hierfür Synonyme, z. B. Das A für abends steht für Amazon). So ist es ganz einfach, sich mehrere Passwörter zu merken.

In diesem Zusammenhang fällt oft der Begriff „Passwort Manager“. Dies ist nichts anderes als eine virtuelle Brieftasche (Ordner), in der Sie alle Passwörter speichern. Dieser Ordner, den Sie auf Ihrem Computer, Laptop oder Smartphone haben, kann eine sichere Möglichkeit sein. Was aber passiert, wenn Ihr mobiles Endgerät oder der von Ihnen gewählte Speicherort defekt

ist, entwendet wird oder Sie anderweitig keinen Zugriff mehr haben? Dann sind damit alle dort gespeicherten Daten ebenso entweder in fremden unbefugten Händen oder halt einfach weg. Bei Onlinebanking, E-Commerce-Seiten und Social-MediaPlattformen hat sich mittlerweile die sogenannte Zwei-Faktoren-Authentifizierung (2FA) etabliert. Wichtig ist, dass die Faktoren dabei aus zwei verschiedenen Kategorien stammen, also eine Kombination aus Wissen (z. B. Passwort, PIN), Besitz (z. B. Chipkarte, TAN-Generator) oder Biometrie (z. B. Fingerabdruck) verwendet wird. Viele Onlinehändler bieten Ihnen die ZweiFaktor-Authentifizierung an. Fragen Sie die gängigen Suchmaschinen: „2FA bei … einrichten“ und Sie werden hierzu gute Anleitungen finden. Aktivieren Sie unbedingt dieses Verfahren, um im Internet auf Nummer sicher zu gehen.

1.3

Freunde finden oder Opfer werden (Romance Scamming und seine Folgen)

Wie bereits erwähnt, nutzen viele ältere Menschen das Internet auch zur Partnersuche. Unzählige Dating-Plattformen, Foren oder Ähnliches sind in den vergangenen Jahren gegründet worden und entstehen tagtäglich neu. Es gibt leider auch hier nicht nur Positives zu berichten. Zahlreiche Betrügerinnen und Betrüger, die nur eins wollen, nämlich das Konto des Internetnutzers zu leeren, tummeln sich auf diesen Plattformen. Unter dem Oberbegriff „Romance Scamming“ ist im Endeffekt Heiratsschwindel gemeint, sozusagen der Heiratsschwindler 2.0. Es ist nicht immer die „Svetlana“, die jemanden so wunderbar findet und in Kontakt treten will, es ist nicht immer der „Bob“ aus Texas, der genau die Eine sucht. Einmal von Kriminellen gefunden, wird auch hier durch beispiellose Manipu-

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lation das Vertrauen des Opfers erschlichen und eine virtuelle Abhängigkeit erzeugt. In der Regel kommt aber nach kurzer Zeit immer die gleiche Geschichte: Der Betrüger, die Betrügerin würde ja so gerne mal nach Deutschland kommen, ist aber leider wegen der kranken Mutter verhindert oder die Krankenhausrechnung kann nicht bezahlt werden. Durch das erschlichene Vertrauen wird dann der Chat-Partner gebeten, Geld zu überweisen. Spätestens jetzt gilt es, „wach“ zu werden! Kein Geld überweisen! Spätestens jetzt heißt es, sich noch mal zu erkundigen, ob die Daten oder das Bild des „Partners“ real existieren. Zahlreiche Foren veröffentlichen Erfahrungen mit Betrügerinnen und Betrügern dieser Art und stellen Informationen ins Netz. Finden Sie heraus, ob das zugesendete Bild tatsächlich den ChatPartner darstellt (ganz leicht über Suchmaschinen zu bewerkstelligen, z. B. über die voreingestellte Google-Bildersuche).

Nicht selten sind es organisierte Banden, deren Mitglieder insbesondere Frauen die große Liebe vortäuschen. Noch schlimmer ist es, wenn man den Betrug schlichtweg zu spät bemerkt und bereits Opfer wurde. Viele Opfer schämen sich sehr, Hab und Gut verkauft oder Summen außerhalb des realistischen Denkens überwiesen zu haben. Wie soll man seinen Kindern eröffnen, dass alles Geld weg ist? Dass man auf so eine Betrügerin, so einen Betrüger reingefallen ist, obwohl man doch nur eines suchte, nämlich Nähe, Vertrauen und Liebe? Die Folgen, auch die psychologischen, sind nicht messbar! Trotz aller Scham: Erstatten Sie Strafanzeige, sprechen Sie mit Ihrem Geldinstitut und gehen Sie offen mit der Thematik um.

1.4 Sicheres Einkaufen im Internet

Auch diesem Thema widmen sich zahlreiche Vereine, Vereinigungen und Foren, unter

anderem die Initiative „Deutschland sicher im Netz“ (DsiN) unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat. Onlineshopping ist einfach – schnell kann man einkaufen, ebenso schnell Geld überweisen, und einen Tag

später ist die Ware zu Hause. Kein Erfordernis, sich bei irgendwelchem Wetter hinauszuwagen oder sich in den Stau zu stellen. Drei von vier Internetnutzern kaufen laut DsiN-Sicherheitsindex im Internet ein. Dass dies natürlich Kriminelle anlockt, ist vollkommen klar! Wer im Internet einkauft, muss sich also vor Betrug schützen, indem er einige Fragen klärt: Welcher Website vertraue ich meine Kreditkartennummer an? Muss ich wirklich bezahlen, bevor die Ware kommt? Habe ich die Möglichkeit, auf Rechnung zu bestellen?

Es gibt die Grundregeln für das Verhalten im Internet (siehe Kapitel 1), diese gelten auch für das Online-Einkaufen. E-Mails, die Sie vom vermeintlichen Verkäufer bekommen, können durchaus ein Schadprogramm enthalten, z. B. in einem Anhang, der als Rechnung getarnt ist. Daher gilt: Klicken Sie nicht auf einen unbekannten Anhang. Will man weitere Zugangsdaten von Ihnen haben, versenden Sie keine Kopie Ihres Personalausweises, nur um angeblich Ihre eigene

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Identität zu sichern, denn hierdurch kommen Kriminelle in den Besitz Ihrer Daten. Verhalten Sie sich auch beim Onlineshopping genauso, wie Sie es im realen Geschäft machen: Prüfen Sie die Ware, probieren Sie und entscheiden nicht zu spontan, entscheiden Sie sich evtl. sogar später.

1.5 Betrügerische Onlineshops erkennen und vermeiden

Insbesondere sogenannte Fakeshops haben nur das Ziel, Ihnen mit vermeintlich zu bestellender Ware das Geld abzuknöpfen –Sie erhalten weder die bestellte Ware noch Ihr Geld zurück. Dabei ist es relativ einfach, diese Fakeshops zu erkennen. Beachten Sie dazu folgende Tipps: Achten Sie auf ein Gütesiegel. Existiert ein Impressum, also eine genaue Erklärung, wer und was für den Shop verantwortlich zeichnet? Sind die Angaben im Impressum glaubhaft? Vorsicht bei ganz besonders günstigen Preisen!

Erkundigen Sie sich auf anderen Websites, ob weitere Internetuser schon mal Erfahrungen mit diesem Shop gemacht haben. Schauen Sie sich die URL genau an – ist es vielleicht ein gespiegelter Shop? Sind allgemeine Geschäftsbedingungen vorhanden? Sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem verständlichen Deutsch geschrieben, sind sie überhaupt in Deutsch geschrieben? Wenn Sie schon Opfer geworden sind, sollten Sie umgehend Ihr Geldinstitut aufsuchen, verbunden mit der Aufforderung, die Zahlung rückgängig zu machen. Dies ist in Einzelfällen auch noch Tage später möglich, erkundigen Sie sich genau! Sammeln Sie Ihre Belege, sichern Sie einen eventuellen Chat-Verlauf.

Erstatten Sie Strafanzeige bei der Polizei, dies ist im Übrigen auch für jedes Bundesland online möglich unter https://online-strafanzeige.de

URL

Unter URL (Uniform Resource Locator) versteht man i. d. R. die Adresse einer Internetseite, die man im sogenannten Browser (Programm für den Zugang ins Internet, z. B. Chrome oder Firefox) eingibt, um die entsprechende Webseite aufzurufen.

Gespiegelter Shop

Hierbei handelt es sich um eine exakt duplizierte Webseite, die dem Original entspricht, aber durch Kriminelle verwaltet wird.

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2. Achtsam in der eigenen Wohnung/an

der Haustür

Im vorherigen Kapitel ging es um die Sicherheit im Internet. Doch nicht nur beim Umgang im Internet gilt es wachsam zu sein, sondern auch an der Wohnungstür und zu Hause. So nutzen Kriminelle ein vielleicht fehlendes Misstrauen aus und versuchen, insbesondere ältere Menschen an der Haus- oder Wohnungstür zu überrumpeln. Mit schlagfertigen Argumenten, einer perfiden Freundlichkeit oder einer vermeintlichen Bitte um Hilfe versuchen Betrügerinnen und Betrüger, ein Gespräch an der Haus- oder Wohnungstür zu beginnen und während des Gesprächs in die Wohnung zu gelangen. Sind sie jedoch einmal in der Wohnung, sind ihnen nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich Tür und Tor offen, um an Ihr Bargeld zu gelangen und Sie um Ihr Hab und Gut zu brin-

gen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige dieser verschiedenen Tricks vor.

2.1 Trickdiebstahl (falscher Handwerker, Glas-Wasser- und Zetteltrick etc.)

Ein oder mehrere Kriminelle suchen Sie zu Hause auf, geben sich als Mitarbeiter einer Fachfirma, einer Handwerksfirma, einer Verkaufsfirma oder was auch immer aus und behaupten, Tätigkeiten in Ihrer Wohnung durchführen zu müssen oder etwas kontrollieren zu müssen. Unter Umständen zeigen sie sogar Ausweise, Dienstausweise oder Ähnliches, die natürlich gefälscht sind. Ziel dieser Betrügerinnen und Betrüger ist es jedoch immer, in Ihre Wohnung zu gelangen. Ist

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die Täterin oder der Täter einmal in Ihrer Wohnung, schickt sie oder er Sie unter einem Vorwand in einen anderen Raum. In Ihrer Abwesenheit kann sie oder er dann nach Ihrem Geld und Wertsachen suchen und diese natürlich unbemerkt an sich nehmen.

Handelt die Betrügerin oder der Betrüger nicht allein, wird sie oder er in der Regel versuchen, hinter sich die Wohnungstür offen zu lassen, um weiteren Mittäterinnen und Mittätern den Zugang zu Ihrer Wohnung zu gewähren. Die Betrügerinnen und Betrüger sind geschult in dem, was sie tun, und in dem, wie sie mit Ihnen sprechen, sodass Sie den Verlust Ihrer Wertsachen meist erst viel später feststellen – meist, wenn die Kriminellen ihre Wohnung verlassen haben. Dann hilft auch eine unmittelbare Fahndung nicht mehr direkt.

2.2 Falsche Gewinnversprechen am Telefon

Betrugsversuche durch Gewinnversprechen gibt es in unterschiedlichen Varianten. Hierbei nutzen Kriminelle anonyme Internet-Bezahlsysteme, z. B. „paysafecard“: Die Betrügerinnen und Betrüger geben sich am Telefon etwa als Rechtsanwalt, Notar oder eine von diesen beauftragte Person aus und behaupten, dass die oder der Angerufene einen hohen Geld- oder Sachwert, beispielsweise eine Reise oder ein Auto, gewonnen habe. Um diesen Gewinn jedoch beanspruchen zu können, müsse die oder der Angerufene zuvor eine Gebühr bezahlen. Diese Gebühr müsse über ein Internet-Bezahlsystem vorab überwiesen werden. Die potenziellen Opfer werden nun dazu angehalten, Coupons von paysafecard zu erwerben. Mit diesen Coupons erhält man zusätzlich eine PIN, die wie Bargeld genutzt werden kann. Aus diesem Grund erfragen die Kriminellen unter einem Vorwand diese GutscheinNummer/PIN, um diese für einen Einkauf

im Internet zu nutzen oder sich den Gegenwert des Coupons vom Internet-Bezahlsystem gutschreiben zu lassen.

In einer anderen Variante werden Angerufene gebeten, angeblich anfallende Kosten am Postschalter mittels Bargeldtransfer ins Ausland zu überweisen. Wiederum eine andere Variante sind Werbeanrufe, bei denen ebenfalls ein Gewinn versprochen wird, in diesem Fall jedoch in Form eines Gutscheins. Während des Telefonats werden Gewinnspielabonnements angeboten und die Angerufenen nach den persönlichen Daten, u. a. auch der Kontoverbindung, gefragt. Die „Abonnementgebühr“ wird dann später vom Konto des Opfers abgebucht. Die Art und Weise der Anbahnung kann grundsätzlich auch per Post oder E-Mail stattfinden.

So schützen Sie sich vor falschen Gewinnversprechen:

» Machen Sie sich bewusst: Wenn Sie nicht an einer Lotterie teilgenommen haben, können Sie auch nichts gewonnen haben!

» Geben Sie niemals Geld aus, um einen vermeintlichen Gewinn einzufordern, zah-

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len Sie keine Gebühren, wählen Sie keine gebührenpflichtigen Sondernummern (z. B. mit den Vorwahlen 0900, 0180 oder 0137).

» Machen Sie keine Zusagen am Telefon.

» Geben Sie niemals persönliche Informationen weiter: keine Telefonnummern, Adressen, Kontodaten, Kreditkartennummern oder Ähnliches.

» Fragen Sie die Anruferin oder den Anrufer nach Namen, Adresse und Telefonnummer, um welche Art von Gewinnspiel es sich handelt und was genau Sie gewonnen haben. Notieren Sie sich alles.

Wenn Sie bereits Opfer einer solchen Straftat geworden sind:

» Weisen Sie unberechtigte Geldforderungen zurück.

» Sichern Sie sich ab, indem Sie einen angeblichen Vertragsabschluss widerrufen und wegen arglistiger Täuschung anfechten. Verbraucherzentralen bieten hierfür Musterschreiben in ihren Beratungsstellen sowie im Internet unter www.verbraucherzentrale.de an.

» Kontrollieren Sie mindestens einmal im Monat Ihre Kontoauszüge und Ihre Telefonrechnung.

» Lassen Sie unberechtigte Abbuchungen rückgängig machen. Abbuchungen können Sie innerhalb einer bestimmten Frist problemlos widersprechen. Wenden Sie sich dazu unverzüglich an Ihre Bank.

» Teilen Sie Ihrem Telefonanbieter schnellstmöglich mit, welche Forderung unberechtigt ist. Dieser kann dann eventuell noch den berechtigten Teil des Rechnungsbetrags einziehen. Wurde bereits der gesamte Betrag abgebucht, sollten Sie bei Ihrem Geldinstitut widersprechen und nur den berechtigten Teil der Telefonrechnung begleichen.

» Unberechtigte Lastschrifteinzüge können den Tatbestand des Betrugs gemäß § 263 Strafgesetzbuch erfüllen. Erstatten Sie im Zweifel Anzeige bei der Polizei.

Gewinnversprechen im Internet

Betrüger versenden seit 2018 betrügerische E-Mails an ahnungslose Nutzer. Darin wird den Empfängern ein vermeintlicher Artikel zum Beispiel von Bild.de zugeschickt. In der Schlagzeile heißt es: „Höhle der Löwen“: System macht Deutsche Bürger reich! Sendung darf nicht ausgestrahlt werden, der Sender ist stinksauer.“ Tatsächlich geht es den Kriminellen nicht darum, Sie zu informieren. Es ist ein ganz einfacher Betrug mit Malware , die sie auf Ihr Endgerät installieren, sobald Sie auf die angebotenen Links klicken, oder die gängige Masche der Phishingmails.

Mehr zum Thema „Phishing“ finden Sie unter:

https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/gefahren-im-internet/ phishing.

Malware

Als Malware bezeichnet man Computerprogramme, die entwickelt wurden, um, aus Sicht des Opfers, unerwünschte und gegebenenfalls schädliche Funktionen auszuführen.

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2.3 Enkeltrick

Mit den Worten „Rate mal, wer hier spricht“ oder ähnlichen Formulierungen rufen Betrüger bei meist älteren und allein lebenden Personen an, geben sich als Verwandte, das Enkelkind oder auch gute Bekannte aus und bitten kurzfristig um Bargeld. Als Grund wird ein finanzieller Engpass oder eine Notlage vorgetäuscht, beispielsweise ein Unfall, ein Auto- oder die Anschaffung eines wertvollen Gegenstands. Die

Lage wird immer als äußerst dringlich dargestellt. Oft werden die Betroffenen durch wiederholte Anrufe unter Druck gesetzt und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sobald das Opfer zahlen will, wird eine Person angekündigt, die das Geld abholt. Diese Form des Betrugs kann für sie existenzielle Folgen haben. Sie können dadurch hohe Geldbeträge verlieren oder sogar um Ihre kompletten Ersparnisse gebracht werden.

Erfahrungsbericht Enkeltrick:

In unseren „Kripo-Tipps“ berichten Expertinnen und Experten der Kriminalpolizei über Aufklärungs- und Beratungsmaßnahmen und geben wertvolle Hinweise für mehr Sicherheit und Schutz im Alltag. Um diese Broschüre noch authentischer zu machen, hat „Kripo-Tipps“-Redakteur Hans Hülsbeck nachfolgendes Gespräch mit einem „Tatzeugen“ geführt. Dies soll zum einen verdeutlichen, dass es jeden treffen kann, zum anderen aber auch zeigen, wie wichtig es ist, Präventionshinweise zu beachten und umzusetzen.“

Guten Tag Herr L., schön dass Sie unsere Leserinnen und Leser an Ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Darf ich fragen, wie alt Sie sind?

Ich bin 90 Jahre.

Wohnen Sie in einer Großstadt oder eher im ländlichen Raum?

Eher ländlich, in einer Vorstadt.

Haben Sie ein Festnetztelefon oder einen Mobilfunkanschluss?

Beides, sowohl Festnetz als auch einen mobilen Anschluss.

Sind Ihre Daten in einem öffentlichen Telefonregister eingetragen? Ja, für das Festnetz.

Haben Sie schon mal etwas von Kriminalprävention, insbesondere zum Thema „Enkeltrick/falscher Polizeibeamter“ gehört oder gelesen, bevor Sie den Anruf erhielten?

In Tageszeitungen und TV-Berichterstattungen habe ich über den Enkeltrick bereits gelesen bzw. gehört.

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Über welchen Anschluss erfolgte der Anruf?

Über mein Festnetztelefon.

War es eine männliche Stimme?

Nein, eine weibliche Stimme.

Konnten Sie eine Nummer im Display erkennen?

Nein. Der Anruf erfolgte über eine anonyme Nummer.

Wie hat sich die Anruferin gemeldet?

Sie hat sich als Nichte von mir ausgegeben.

Wie war dann der Gesprächsverlauf?

Die Anruferin meldete sich als Nichte und bat mich um eine größere Geldsumme, zur Anzahlung eines Grundstücks. Eine Summe von 10 000 Euro sollte per Überweisung transferiert werden. Eine Überweisung

wurde meinerseits jedoch nicht akzeptiert. Wenn jemand Geld benötigt, müsste er es persönlich bei mir abholen. So wurde eine Übergabe in zwei Stunden vereinbart. Nach den zwei Stunden ist jedoch niemand erschienen. Eine weitere Kontaktaufnahme blieb aus.

Wie fühlten Sie sich während des Gesprächs?

Ich bin sofort stutzig geworden und wollte der Anruferin eine Falle stellen. Nach Beendigung des Telefonats informierte ich umgehend die Polizei, die sich der Sache annahm.

Was hat Sie bewogen, nicht sofort aufzulegen?

Ich wollte die Anruferin überführen und in meinen Wohnort locken.

Achtung!

Bitte lassen Sie sich nie auf ein längeres Gespräch mit der kriminellen Anruferin oder dem kriminellen Anrufer ein. Diese sind geschult in Gesprächstechnik und sind in der Lage, Sie in eine Art mentalen „Tunnel“ zu versetzen, sodass Sie gar nicht mehr merken, manipuliert zu werden.

Der BDK empfiehlt ausdrücklich die Strategie „AAA“ des Vereins Schutz vor Kriminalität1:

A Ausatmen

A Auflegen

A Anrufen 110!

Nur so sind Sie sicher, nicht auf die Gesprächsstrategie der Kriminellen hereinzufallen.

1: www.isvk.de

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Wie endete das Gespräch?

Es wurde ein Treffen vereinbart, das jedoch nicht zustande kam.

Was würden Sie anderen Betroffenen oder potenziellen Geschädigten raten?

Bei Geldanfragen per Telefon sofort die Polizei informieren.

Vielen Dank für das Gespräch, es wird sicher vielen anderen helfen, nicht selbst Opfer einer Straftat zu werden.

Achtung!

Bitte versuchen Sie nicht eigenständig den Kriminellen eine Falle zu stellen. Dies ist die originäre Aufgabe der Polizei. Nutzen Sie die Strategie „AAA“ und überlassen Sie weitere Maßnahmen und Aktivitäten immer den Profis.

Lassen Sie NIE Fremde in Ihre Wohnung, schon gar nicht, wenn Sie selber wissen oder damit rechnen, dass es sich um Kriminelle handelt. Ihre Wohnung ist Ihr geschützter Raum, und das muss er auch bleiben. Ein mutmaßlicher Übergriff in Ihrer Wohnung, der bei einem solchen Szenario mehr als wahrscheinlich wäre, hätte nachhaltige negative Auswirkungen.

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Ein Anruf kommt Ihnen komisch vor – und jetzt?

» Zunächst Ruhe bewahren

» Seien Sie misstrauisch, wenn sich Anrufende am Telefon nicht selber mit Namen melden. Raten Sie nicht, wer anruft, sondern fordern Sie die Person grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen. Seien Sie besonders misstrauisch, wenn sich Menschen am Telefon als Verwandte oder Bekannte ausgeben, Sie aber erraten sollen, wer am Telefon ist. Erfragen Sie bei der Anruferin oder dem Anrufer Dinge, die nur richtige Verwandte/Bekannte wissen können.

» Wenn eine Anruferin oder ein Anrufer Geld oder andere Wertsachen von Ihnen fordert: Besprechen Sie dies in Ruhe mit Familienangehörigen oder anderen Ihnen nahestehende Personen.

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Tipps gegen den Enkeltrick

» Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen wie Schmuck an unbekannte Personen.

» Kommt Ihnen ein Anruf verdächtig vor, informieren Sie unverzüglich die Polizei unter der Telefonnummer 110.

» Sind Sie bereits Opfer eines Enkeltricks geworden, zeigen Sie die Tat unbedingt bei der Polizei an. Dies kann der Polizei helfen, Zusammenhänge zu erkennen, andere Personen entsprechend zu sensibilisieren und die Kriminellen zu überführen.

Unser Top-Tipp:

Lassen Sie sich nicht drängen und unter Druck setzen. Nehmen Sie sich immer Zeit, um die Angaben der Anruferin oder des Anrufers zu überprüfen. Rufen Sie die gemeinte Person unter der Ihnen lange bekannten Nummer an und fragen Sie, ob das von den Anrufenden Geschilderte tatsächlich zutrifft.

Mehr Informationen über den Enkeltrick finden Sie unter: www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/enkeltrick

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2.4

Falsche Polizistinnen und Polizisten

Trickbetrügerinnen und -betrüger geben sich am Telefon als Personen von der Polizei, Staatsanwaltschaft oder anderen Ämtern aus, um vorwiegend ältere Menschen zur Herausgabe ihrer Wertsachen zu bringen. Dabei nutzen sie eine spezielle Technik, die bei einem Anruf auf der Nummernanzeige ihrer Opfer die Notrufnummer 110, die Rufnummer der örtlichen Polizeidienststelle oder des Bundeskrimimalamts (BKA) erscheinen lässt (Call-IDSpoofing). Bei einer Variante geben sich die Anrufer als „Kommissar …“ aus und teilen den potenziellen Opfern mit, bei einer Durchsuchung wären Hinweise aufgetaucht, wonach demnächst bei diesen eingebrochen werden solle. Die Opfer werden aufgefordert, ihr gesamtes Bargeld sowie Schmuck und sonstige Wertsachen zusammenzutragen. Danach kämen zwei Polizisten, um die Sachen abzuholen und in Sicherheit zu bringen. Die Kriminellen verwenden bei den Anrufen auch die Namen von tatsächlich existierenden Kollegen der regionalen Dienststellen.

In einer weiteren Variante behaupten die Kriminellen am Telefon, den Angestellten der Kreditinstitute sei nicht zu trauen. Unter dem Hinweis, diese seien korrupt oder steckten mit den angeblichen Einbrechern unter einer Decke, sollen die potenziellen Opfer ihr gesamtes Vermögen nach Hause holen und einem Unbekannten, der sich als Polizist ausgibt, übergeben, um es in Sicherheit zu bringen. Häufig melden sich die Kriminellen immer wieder bei ihren Opfern und setzen diese unter Druck, sodass diese am Ende nicht mehr klar denken können. Dabei gehen die Täterinnen und Täter vollkommen skrupellos und erfindungsreich vor – je nachdem, wie ihre Opfer reagieren.

Tipps der Kriminalpolizei:

» Die Polizei ruft Sie niemals unter der Polizeinotruf-Nummer 110 an. Das machen nur Kriminelle. Sind Sie sich unsicher, wählen Sie selbstständig die Nummer 110. Benutzen Sie dabei aber nicht die Rückruftaste!

» Die Polizei wird Sie niemals um Geldbeträge bitten oder dazu auffordern, Geld oder Wertsachen herauszugeben oder zu deponieren.

» Am besten ist, wenn Sie die Nummer Ihrer örtlichen Polizeibehörde sowie die Notrufnummer 110 griffbereit am Telefon haben, damit Sie sie im Zweifelsfall selbst wählen können.

» Wenden Sie sich an die örtliche Polizeibehörde. Erzählen Sie den Beamten von den Anrufen.

» Geben Sie am Telefon keine Auskunft über Ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse oder andere sensible Daten.

» Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen.

» Geben Sie Betrügerinnen und Betrügern keine Chance, legen Sie einfach den Hörer auf. Nur so werden Sie sie los. Das ist keinesfalls unhöflich!

» Öffnen Sie unbekannten Personen nicht die Tür. Ziehen Sie gegebenenfalls eine Vertrauensperson hinzu, z. B. Nachbarn oder nahe Verwandte.

» Übergeben Sie unbekannten Personen kein Geld oder Wertsachen.

Legen Sie den Telefonhörer auf, wenn:

» Sie nicht sicher sind, wer anruft.

» Sie die oder der Anrufende nach persönlichen Daten und Ihren finanziellen

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Verhältnissen fragt, z. B., ob Sie Bargeld, Schmuck oder andere Wertgegenstände im Haus haben.

» Sie die oder der Anrufende auffordert, Bargeld, Schmuck oder andere Wertgegenstände herauszugeben bzw. Geld zu überweisen, insbesondere ins Ausland.

» Sie die oder der Anrufende unter Druck setzt.

» die oder der Anrufende Sie dazu auffordert, zu Fremden Kontakt aufzunehmen, z. B. zu einem Boten, der Ihr Geld und Ihre Wertsachen mitnehmen soll.

Glauben Sie, Opfer eines Betrugs geworden zu sein? Wenden Sie sich sofort an die örtliche Polizeidienststelle und erstatten Sie Anzeige!

Hier finden Sie weitere Infos zu den verschiedensten Betrugsmaschen:

https://www.polizei-beratung.de/presse/ detailseite/senioren-im-fokus-dreisterbetrueger/

Call-ID-Spoofing

Durch technische Manipulation erscheint auf dem Telefon-Display des Opfers z. B. die Nummer „110“, die einen Anruf durch die echte Polizei signalisieren soll. Diese Methode wird in Einzelfällen von betrügerischen Anrufern eingesetzt.

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Erstatten Sie Anzeige, wenn Sie Opfer geworden sind.

Übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen wie Schmuck an unbekannte Personen.

Öffnen Sie unbekannten Personen nicht die Tür.

Lassen Sie sich am Telefon nicht unter Druck setzen.

Geben Sie keine Details zu Ihren familiären und finanziellen Verhältnissen preis.

Nutzen Sie für den Rückruf nicht die Rückruftaste, wählen Sie die Nummer selbst.

Informieren Sie die Polizei über einen verdächtien Anruf.

Legen Sie den Telefonhörer auf, wenn Sie nicht sicher sind, wer anruft.

Beachten Sie bei Gesprächen mit Unbekannten am Telefon:

Falsche Polizeibeamte am Telefon

Achtung – Betrug!

Die Polizei ruft Sie niemals unter der Polizeinotruf-Nummer 110 an!

Die Polizei fordert Sie niemals auf, Geld oder Wertsachen herauszugeben oder zu deponieren!

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3. Achtsam bei der Teilnahme am öffentlichen Leben

Das Risikobewusstsein der über 65-Jährigen ist im öffentlichen Raum hoch. Die Altersgruppe zeigt häufig ein ausgeprägtes Vorsichts- und Vermeidungsverhalten im Vergleich zu jüngeren Altersgruppen. So führen ältere Personen weniger Bargeld bei sich oder vermeiden es, sich zu bestimmten Zeitpunkten an bestimmten Orten aufzuhalten. Aber gilt das immer?

3.1 Ansprache durch fremde Personen (Wahrsager etc.)

Liebesglück, Lottogewinn, Heilung von schweren Krankheiten – mit solchen Versprechungen betrügen selbst ernannte Wahrsagerinnen und Wahrsager gutgläubige Menschen und erbeuten teils immense Summen. Ob Wahrsagung oder Wunderheilung und dergleichen – sie geben vor, Kontakt zu höheren Mächten herzustellen

und deren Rat oder Heilenergie der hilfesuchenden Person übermitteln zu können. Es entwickeln sich rational völlig undurchdringbare Abhängigkeitsverhältnisse, die von den Kriminellen ausgenutzt werden. Gänzlich kriminell wird es, wenn Krankheiten oder sonstiges Unheil vorhergesagt werden: Die Angst vor dramatischen Ereignissen lässt leider jede Vernunft verschwinden und die Gelder zur Vermeidung des schädigenden Ereignisses werden an

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die Betrügerinnen und Betrüger ausbezahlt. Ältere Menschen gelten grundsätzlich als spendenwilliger und sind oft leichter abzulenken. Daher versuchen im öffentlichen Raum sogenannte Spendensammler insbesondere ältere Personen zu bestehlen. Vor allem in den Sommermonaten, wenn sich viele Menschen in der Fußgängerzone, im Einkaufszentrum oder in Cafés tummeln, sprechen „Klemmbrett-Betrüger“ arglose Passanten mit einer gefälschten Spendenliste an und behaupten, für einen gemeinnützigen Zweck zu sammeln. Hier ist Vorsicht geboten – denn schnell gelangt nicht nur das gespendete Kleingeld, sondern gleich der gesamte Inhalt der Geldbörse oder das teure Smartphone in die Hände der Betrügerinnen und Betrüger.

3.2 Situation am Geldautomat

Am Geldautomaten liegt die Konzentration meist auf der korrekten Eingabe der PIN und darauf, dass Fremde durch Beobachten nicht an diese gelangen können. Das führt allerdings zur Nachlässigkeit in anderen Bereichen. So begeben sich viele in eine Filiale des Kreditinstituts, um dort vermeintlich sicher an einem Geldautomaten Geld abzuheben. Nachdem die Bankkarte in den Automaten eingeschoben und die PIN eingegeben wurde, kommt es aber vor, dass Kriminelle ihre Opfer wegstoßen, einen Auszahlungsbetrag von 500 Euro wählen und das vom Geldautomaten ausgegebene Bargeld entnehmen.

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4. Achtsam bei Krankheit

Gewalt im Alter ist nicht nur im Pflegebereich vielschichtig, sie ist ein generell gesellschaftliches Tabuthema. Gewalt kann im Seniorenwohnheim, im Krankenhaus oder zu Hause auftreten. Zudem kann die Gewalt auch von den Pflegebedürftigen selbst ausgehen.

4.1 Gewalt in der Pflege

Die zwischenmenschliche Gewalt gliedert sich in zwei Untergruppen:

» Gewalt in der Familie und unter Intimpartnern, d. h. Gewalt, die weitgehend auf Familienmitglieder und den Intimpartner beschränkt ist und normalerweise, wenn auch nicht ausschließlich, im Zuhause der Betroffenen verübt wird.

» Von Mitgliedern der Gemeinschaft ausgehende Gewalt, d. h. Gewalt unter nicht miteinander verwandten und nicht notwendigerweise miteinander bekannten Personen, die normalerweise außerhalb des Zuhauses der Betroffenen verübt wird.

Zur ersteren Unterkategorie zählen beispielsweise Kindesmissbrauch, Gewalt durch einen Intimpartner und Misshandlung älterer Menschen. Unter Letztere fallen Gewalt

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unter Jugendlichen, willkürliche Gewalttaten, Vergewaltigung oder sexuelle Übergriffe durch Fremde und Gewalt im institutionellen Umfeld, z. B. in Schulen, an Arbeitsplätzen, in Gefängnissen und Pflegeheimen.

Angaben über das Ausmaß der Misshandlung älterer Menschen sind spärlich. Die wenigen einschlägigen bevölkerungsbezogenen Untersuchungen, die bisher durchgeführt wurden, deuten darauf hin, dass zwischen 4 und 6 Prozent der alten Menschen in ihrem eigenen Zuhause irgendeine Form der Misshandlung erleiden und die Misshandlung in Institutionen weiterverbreitet sein könnte, als allgemein angenommen wird. In einer in den Vereinigten Staaten durchgeführten Erhebung gaben z. B. 36 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegeheimen an, im vorhergegangenen Jahr mindestens einmal Zeuge der körperlichen Misshandlung älterer Patienten gewesen zu sein, 10 Prozent gaben zu, selbst mindestens einmal eine körperliche Misshandlung begangen zu haben, und 40 Prozent sagten, sie hätten Patienten psychisch misshandelt. Misshandlung in Alteneinrichtungen bedeutet, dass die Patienten mit physischem Zwang festgehalten werden, dass man ihnen die Würde nimmt und die Kontrolle über die eigenen Angelegenheiten entzieht oder ihnen nicht genügend Fürsorge angedeihen lässt.

In einer Reihe von Situationen scheinen ältere Menschen einem besonderen Gewaltrisiko ausgesetzt zu sein. In einigen Fällen verschlechtern sich vielleicht sowieso schon belastete Familienbeziehungen durch Stress und Frustration noch mehr, wenn ein älterer Mensch von anderen abhängig wird. In anderen kann die Tatsache zu Konflikten führen, dass eine Fürsorgeperson davon abhängig ist, dass der ältere Mensch ihr Unterkunft und finanzielle Unterstützung gewährt. Auch gesellschaftliche Veränderungen spielen unter Umständen eine wichtige Rolle. In

manchen Gesellschaften führen rasche sozioökonomische Veränderungen dazu, dass die familiären oder nachbarschaftlichen Bindungen, durch die ältere Generationen früher unterstützt wurden, allmählich schwächer werden. In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion ist beispielsweise eine wachsende Zahl alter Menschen sich selbst überlassen, und das oft in Nachbarschaften, wo die instabilen Verhältnisse die Zahl der Verbrechen und Gewalttaten haben in die Höhe schnellen lassen.

Ältere Männer sind in etwa dem gleichen Risiko der Misshandlung durch Ehepartnerin, erwachsene Kinder und andere Verwandte ausgesetzt wie Frauen. In Kulturen, in denen Frauen gesellschaftlich weniger angesehen sind, besteht für ältere Frauen allerdings die erhöhte Gefahr, dass sie, wenn sie Witwe werden, von der Familie aufgegeben werden und man ihnen ihren Besitz wegnimmt.

In Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen kommt es eher zu Misshandlungen, wenn die Fürsorge schlecht ist, das Personal schlecht ausgebildet oder überarbeitet ist, sich die Beziehungen zwischen der Belegschaft und Heimbewohnerinnen und -bewohnern schwierig gestalten, das physische Umfeld Mängel aufweist und man eher die Interessen der Einrichtung als die der Patientinnen und Patienten bzw. der Bewohnerinnen und Bewohner vertritt. Hinzu kommt, dass nur wenige aus der Ärzteschaft oder vom Pflegepersonal darin geschult wurden, die Misshandlung älterer Menschen zu erkennen, und die Fürsorge für ältere Menschen im Gesundheitssystem nicht immer Vorrang genießt. Ein wichtiger Schritt zur Verhinderung der Misshandlung älterer Menschen ist der Versuch, im Gesundheitsversorgungssystem gegen diskriminatorische Einstellungen und Praktiken vorzugehen. Die Beobachtung von Gewaltausübung seitens Pflegender oder Angehöriger kann oft

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unsicher machen, da man nicht weiß, welches die richtige Reaktion darauf ist oder wie konkrete Hilfestellung geleistet werden kann. All diese eventuellen Positionen machen es schwierig, geeignete Handlungsstrategien zu entwickeln bzw. der Gewalt vorzubeugen, da das Thema differenziert behandelt werden muss.

„Dass Gewalt im eigenen Umfeld vorkommen kann, muss erst einmal für möglich gehalten werden. Solange man nicht glaubt, dass Gewalt gegen alte und pflegebedürftige Personen möglich ist, wird man Gewalt und Hinweise darauf auch nicht sehen“ (Uwe Brucker, Fachgebietsleiter Pflege MDS, in www.medical-tribune.de). Wachsamkeit ist ein gutes Mittel, um eine Gewaltgefährdung oder eine bereits bestehende Gewaltbelastung zu erkennen.

Präventive Möglichkeiten

Prävention bedeutet auch, dass Gewalt durch sofortige Intervention und Begleitung früh erkannt und gestoppt werden kann:

» Hinsehen statt wegsehen.

» Anzeichen von Gewalt erkennen.

» Hinweise unbedingt ernst nehmen.

» Sachlich objektive, nicht wertende Dokumentation.

Tipps: Gefahren in der Pflege

Wer Angehörige pflegt, weiß, welche Anstrengungen dazu gehören und wie belastend es manchmal werden kann. Beachten Sie Folgendes und schützen Sie sich damit selbst, auch wenn Sie einmal pflegebedürftig werden:

» Schützen Sie sich vor Überforderung und prüfen Sie mögliche Pflegealternativen.

» Informieren Sie sich über Entlastungsmöglichkeiten zum Beispiel nach dem

Familienpflegezeitgesetz und scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

» Lassen Sie sich von professionellen Pflegekräften beraten, ob Sie die Voraussetzungen mitbringen, um die häusliche Pflege übernehmen zu können.

» Nutzen Sie das Beratungsangebot der Pflegekassen und der regionalen Pflegestützpunkte.

» Suchen Sie den Kontakt zu Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen.

» Falls Sie selbst pflegebedürftig werden sollten, überlegen Sie rechtzeitig mit Ihrer Familie, wie Sie Ihr Leben in dieser Situation gestalten wollen.

» Sorgen Sie auch rechtlich vor, falls Sie einmal nicht mehr in der Lage sein sollten, eigene Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel mit einer Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Betreuungsverfügung.

4.2 Vollmachtsmissbrauch

Mit einer Vorsorgevollmacht beauftragen Sie eine andere Person, als Vertretung in Ihrem Interesse zu handeln und Entscheidungen zu treffen, falls Sie selbst dazu vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage sind. Dies kann zum Beispiel nach einem Unfall oder während einer schweren Erkrankung der Fall sein. Die Entscheidungen betreffen die Bereiche Gesundheitssorge und Pflege, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge und ggf. weitere Angelegenheiten des täglichen Lebens. Viele ältere Menschen erteilen Angehörigen, Freunden oder Nachbarn eine Vorsorge-, General- oder Kontovollmacht. Mit diesen Vollmachten können sie sich von vertrauten Personen helfen lassen. Die Bevollmächtigten können dann beispielsweise im Namen der Beauftragenden Bankgeschäfte tätigen, einkaufen oder

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Rechnungen bezahlen. Doch Vorsicht: Dieses Vertrauen wird häufig von Betrügerinnen und Betrügern missbraucht, denen es nur darum geht, auf diese Weise Geld zu erschleichen.

Tipps Ihrer Polizei zum Schutz vor Vollmachtsmissbrauch:

» Setzen Sie zwei Bevollmächtigte ein. So kontrollieren sich diese gegenseitig.

» Bevollmächtigen Sie ausschließlich Personen, denen Sie uneingeschränkt und schon lange vertrauen.

» Holen Sie sich Hilfe bei anerkannten Einrichtungen und Wohlfahrtsverbänden. Lassen Sie sich auch bei der Betreuungsbehörde Ihres Wohnortes beraten.

» Erteilen Sie die Vollmacht vor Zeugen und hinterlegen Sie Abschriften beim Hausarzt und Ihrer Bank.

» Lassen Sie sich die eigene Geschäftsfähigkeit ärztlich attestieren und fügen Sie das Attest der Vollmacht bei.

» Beschränken Sie die Bankvollmacht auf einen maximalen Geldbetrag pro Monat.

» Verbieten Sie ausdrücklich, dass die bevollmächtigte Person sich selbst begünstigt. Schließen Sie Schenkungen grundsätzlich aus. Stattdessen halten Sie schriftlich fest, was diese Person erhalten soll.

» Bitten Sie Ihre Bank im Zweifel, beim Betreuungsgericht, bei Angehörigen, beim Kontrollbetreuer etc. nachzufragen, wenn Onlinezugänge angefordert, neue Bankvollmachten erteilt, Konten gekündigt, Depots und Sparanlagen aufgelöst und Vermögen übertragen werden sollen.

» Verbieten Sie auch, dass die bevollmächtigte Person Immobilien kauft oder belastet.

» Widerrufen und entziehen Sie sofort die Vollmacht, wenn etwas nicht stimmt, insbesondere bei der Bankvollmacht!

» Wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, wenden Sie sich sofort an die Polizei. Erstatten Sie Anzeige und stellen Sie, wenn nötig, einen Strafantrag!

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Hilfe für Opfer

Unter www.polizei-beratung.de/beratungsstellen finden Sie immer Rat und Hilfe. Tipps für den Fall, dass Sie oder jemand aus Ihrem Umfeld Opfer einer Straftat geworden ist, gibt es auf:

www.polizei-beratung.de/opferinformationen www.weißer-ring.de

www.verbraucherzentrale.de

www.polizei-beratung.de/opferinformationen/beratungsstellensuche

Weitere hilfreiche Links:

» BDK-Shop www.bdk-shop.de

» Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) www.bsi.bund.de

» Deutschland sicher im Netz (DsiN) www.sicher-im-netz.de

» Starkes Passwort (vom LKA NRW) www.mach-dein-Passwort-stark.de

» Verbraucherzentrale https://www.verbraucherzentrale.de/

» Wohlfahrtsverbände https://www.bagfw.de/ueber-uns/mitgliedsverbaende

Wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, wenden Sie sich sofort an die Polizei. Erstatten Sie Anzeige und stellen Sie, wenn nötig, einen Strafantrag!

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Sollten zu den hier vorliegenden

Themen noch Fragen offengeblieben sein, dann wenden Sie sich an die folgende E-Mail-Adresse: kripo.tipps@bdk.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern das generische Maskulinum verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter (die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung).

Impressum

Herausgeber

Bund Deutscher Kriminalbeamter

BDK-Betreuungsdienst GmbH

Wollankstraße 135 13187 Berlin

Tel.: +49 30 2463045-0

Fax: +49 30 246304529

E-Mail: bdk.bgs@bdk.de www.bdk.de

Geschäftsführung

Bernd Bender

Redaktion

Hans Hülsbeck

Marco Limbach

E-Mail: kripo.tipps@bdk.de

Auflage Mai 2024

Regionalausgabe zum Deutschen Seniorentag

Layout und Gestaltung

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Verlag

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