Abstract:Wie Fernsehschaffende über Gewaltkriminalität berichten, hängt weitgehend davon ob, wovon sie sich hohe Einschaltquoten versprechen. Der Medienwissenschaftler und Fernsehjournalist Dr. Thomas Hestermann hat die Macher interviewt und ihre Berichterstattung untersucht. Seine Analyse zeigt, wie Mediengewalt entsteht. So wird deutlich, warum die Medien bevorzugt über tödliche und sexuelle Gewalt berichten und warum sie Opfer in den Mittelpunkt stellen – vor allem Kinder. Das aus journalistischer Sicht ideale Opfer ist jung, weiblich, deutsch, unschuldig und stammt aus besseren Verhältnissen. Was einem solchen Opfer geschieht, so nehmen die Fernsehschaffenden an, geht dem Publikum nahe. Zugleich wird die Gewalt an alten Menschen und nichtdeutschen Opfern fast vollständig ausgeblendet.
Vita:Dr. Thomas Hestermann, geb. 1961, ist Fernsehjournalist und Medienwissenschaftler. Er studierte Politik, Soziologie und Psychologie. Seit 1989 arbeitet er als Journalist und verfasste zahlreiche Gerichtsreportagen und Beiträge über Gewalt, darunter das Sachbuch „Verbrechensopfer – Leben nach der Tat“ (Rowohlt). 1999 bis 2005 und seit 2009 Redaktionsleiter der Fernsehreihe „Tacheles – Talk am roten Tisch“. 2006 bis 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. 2009 Promotion am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover.