Abstract:Extremistische Äußerungen können über das Internet immer leichter verbreitet werden und die Hemmschwelle zum Aufruf zu strafrechtlich relevanten Taten wird zunehmend niedriger.
Um diese Tendenzen zu verstehen und ihnen adäquat entgegenzuwirken, werden im Verbundprojekt X-SONAR extremistische Online-Bestrebungen von den beteiligten Projektpartnern aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert.
Als ein Teilprojekt wird dazu von der deutschen Hochschule der Polizei eine Onlinebefragung in drei Wellen durchgeführt, die die Kontakthäufigkeit und den Umgang mit extremistischen Inhalten bei deutschen Internetnutzern erstmals repräsentativ erhebt.
Die jüngsten Ergebnisse der ersten Welle sind besorgniserregend: 50 % der Internetnutzer stoßen auf islamistische Inhalte, 9 % sogar mindestens ein Mal/Woche und 24 % geben an, schon mit extremen Inhalten in Form von Gewaltdarstellungen konfrontiert gewesen zu sein. Quelle Nr. 1 solcher Hassbotschaften sind die sozialen Netzwerke – allen voran Facebook. Bezeichnend ist, dass die dort angetroffenen Inhalte zum Großteil ignoriert werden (51 %), teilweise sogar offen zugegeben wird, dass sie geteilt oder geliked werden. Ein proaktiver Umgang mit ihnen, wobei sie bei Jugendschutzorganisationen gemeldet werden, findet quasi nicht statt (nur 1 %). Islamismus ist demnach zu einem Alltagsphänomen geworden, das die Internetgemeinde still toleriert.
Vita:Annika Hamachers, M.A., studierte von 2005 bis 2011 Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Deutsche Philologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Von 2012 bis 2016 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft der WWU, seit 2017 sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster (DHPol) und dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (IKG) und dabei insbesondere in Forschungsprojekte zur Evaluation jihadistischer Aktivität im Internet eingebunden. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich empirischer Narrationsforschung, Medienwirkungsforschung, Methoden empirischer Sozialwissenschaften, Datenvisualisierung und maschinellem Lernen (insbesondere automatisierte Inhalts- und Netzwerkanalysen).
Prof. Dr. Stefan Jarolimek, Professor für Kommunikationswissenschaft und Leiter des gleichnamigen Fachgebiets an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Studium der Medienwissenschaft, Interkulturellen Wirtschaftskommunikation und Ostslawistik an der Friedrich-Schiller Universität Jena und der Belarussischen Staatsuniversität Minsk. Promotion 2007 an der Universität Leipzig, 2015 Habilitation ebendort. Arbeitsschwerpunkte: Strategische Kommunikation, Mediensysteme, Interagency Policing.