Abstract:Warum wenden sich junge Menschen radikalen Islaminterpretationen zu? Was macht religiös-weltanschauliche Extremismen attraktiv für sie? Bisherige Studien haben zwar diverse Risikofaktoren identifiziert, deren Zusammenspiel in konkreten Biografien jedoch kaum beleuchtet. Auch fragen sie selten nach dem subjektiven Sinn, den Hinwendungen für junge Menschen haben. Die vorliegende Forschung blickt zudem häufig retrospektiv auf Biografien verurteilter Gewalttäter. Junge Menschen in unterschiedlichen Phasen der Annäherung - und damit die Offenheit von Verläufen - geraten ihr weniger in den Blick. Der Beitrag stellt zentrale Ergebnisse eine Forschungsvorhabens vor, das mithilfe biografisch-narrativer Interviews Prozesse jugendlicher Hinwendungen zu radikalen, ideologisierten Islamauslegungen rekonstruierte. Er legt dar, dass Hinwendungen stets aus dem Zusammenwirken bestimmter biografischer Erfahrungen heraus erfolgen und zeigt auf, welche biografischen Funktionen diese für junge Menschen erfüllen. Außerdem geht er der Frage nach, in welcher Weise Interaktionen mit Personen des sozialen Nahfelds Hinwendungs-, Verstetigungs- und Distanzierungsprozesse zu beeinflussen vermögen. Der Vortrag referiert Ergebnisse einer Untersuchung, die gemeinsam mit Frau Dr. Frank, DJI, realisiert wurde.
Vita:Michaela Glaser, Studium der Soziologie und Politikwissenschaften, ist wissenschaftliche Referentin der Arbeits- und Forschungsstelle Rechtsextremismus und Radikalisierungsprävention des Deutschen Jugendinstituts in Halle/Saale. Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassen Forschung und Wissenstransfer zu Rechtsextremismus und gewaltorientiertem Islamismus im Jugendalter sowie die wissenschaftliche Begleitforschung zu pädagogischer Praxis im Themenfeld. Aktuell forscht sie zu den Lebensläufen junger Menschen, die sich radikalen Islamauslegungen zuwenden. Zahlreiche Veröffentlichungen zu pädagogischen Ansätzen der Extremismusprävention sowie zu biografischen und jugendspezifischen Dimensionen von Hinwendungen zu politisch-weltanschaulichen Extremismen.