01. Zwischenruf: Erich Marks im Gespräch mit Prof. Dr. Christian Pfeiffer

Erich Marks
DPT – Deutscher Präventionstag
Prof. Dr. Christian Pfeiffer
Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) e. V.

Zum heutigen Zwischenruf begrüße ich am Telefon Professor Dr. Christian Pfeiffer. Herr Pfeiffer ist einer der bekanntesten Kriminologen in Deutschland; er hat fast drei Jahrzehnte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen geleitet und war auch für einige Jahre Niedersächsischer Justizminister.

Herr Pfeiffer, ich begrüße Sie herzlich und darf Sie direkt fragen, welche Präventionsfragen ihnen aktuell besonders wichtig erscheinen.

Da wir wegen Corona primär zu Hause leben, dürfte in dieser Zeit etwas drastisch abnehmen: der Wohnungseinbruch. Aber das ist schon die einzige, wirklich gute Nachricht. Meine Sorge gilt Kindern und Frauen. Das notwendige Schließen der Schulen, Kindergärten, Spielplätze und Sporthallen begründet in Kombination mit der faktischen Arbeitslosigkeit vieler Eltern ein steigendes Risiko innerfamiliärer Gewalt. Es kommt ja hinzu, dass der Stress besonders in solchen Familien steigt, denen das tägliche Einkommen weggebrochen ist. Da droht auf einmal echte Armut, weil das Bargeld fehlt und Hartz IV noch nicht beantragt ist. Wenn dann noch enge Wohnverhältnisse und der Griff zum Alkohol hinzukommen, werden die schwachen Mitglieder der Familie schnell zu Opfern körperlicher und sexueller Gewalt.

Was ist das zentrale Anliegen Ihres heutigen Zwischenrufes?

Angesichts der beschriebenen Situation kann ich nur hoffen, dass die verantwortlichen Politiker weiterhin auf die Ausgangssperre verzichten können. Sie würde die Situation in den bedrängten Familien drastisch verschärfen. Und gleichzeitig sind die Nachbarn dazu aufgerufen, trotz der notwendigen Distanz, wo immer ihnen das möglich ist, kleine Hilfen anzubieten und notfalls die Polizei zu rufen, wenn sie mitbekommen, dass Gewalt geschieht.

Abschließend bitte ich sie um eine kurze zusammenfassende Aussage zu Ihrem heutigen Anliegen.

Die bei vielen Menschen plötzlich hereinbrechende Armut schafft Probleme, die wir nur bewältigen können, wenn neue Formen der Solidarität entwickelt werden. Ein Beispiel sind die Tafeln, die ja primär von älteren Menschen organisiert und betreut wurden. Da müssen jetzt die Jungen mit anpacken, weil die Zahl der Bedürftigen drastisch steigen wird, die kein Geld mehr für das tägliche Brot haben.

Herr Professor Pfeiffer, ich danke Ihnen für das Gespräch.


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