LegiNot-Prävinare

Das Projekt „LegiNot – Legitimation des Notfalls. Legitimationswandel im Notfall“ und das DPT-Institut für angewandte Präventionsforschung bieten von November 2024 bis Februar 2025 gemeinsam eine vierteilige Prävinar-Reihe an. In der Veranstaltungsreihe geht es um Fragen nach den wechselseitigen Bedingungen von Akzeptanzbedarf und Legitimationsanforderungen in einer Krise. Das Projektteam stellt darin ausgewählte Forschungsergebnisse vor, die im Kontext der Covid-19-Pandemie und anschließender Lagen gewonnen wurden. Darüber hinaus bezieht die Reihe Expert*innen aus der Praxis sowie das Publikum in die Diskussion ein.

Die Prävinare richten sich an Interessierte aus der Praxis (öffentliche Verwaltung sowie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben), der Politik und der Wissenschaft.

Die Teilnahme ist kostenlos, die Anmeldungen sind über die unten stehenden Onlineformulare möglich.

14.11.2024

LegiNot-Prävinar 1 – Legitimationskaskaden bändigen: Lehren aus dem kommunalen Umgang mit Polykrisen

12.12.2024

LegiNot-Prävinar 2 – Vertrauen in Sicherheitsakteure in Krisenzeiten: Wie lassen sich Notfallmaßnahmen durchsetzen?

16.01.2025, 15.00 - 16.00 Uhr

LegiNot-Prävinar 3 – Legitimation als Teil behördlicher Kommunikation im Rahmen der Covid-19-Pandemie

Abstract

Die behördliche Legitimation, verstanden als Rechtfertigung von Notfallmaßnahmen (etwa: Schulschließungen) bei der Bewältigung verschiedener Coronalagen, nimmt im Rahmen der Pandemiebewältigung einen zentralen Stellenwert bei der behördlichen Kommunikation ein. Eine nachvollziehbare Legitimation, so die Prämisse des Prävinars, trägt wesentlich zur gesellschaftlich wahrgenommenen Legitimität nicht nur einzelner Maßnahmen, sondern auch der beteiligten Institutionen, bei. Bei Covid-19 zeigte sich die Herausforderung der Legitimation bereits in der ersten Akutphase: Viele kommunale Krisenstäbe wurden um den 11. März 2020 formiert:  zu einem Zeitpunkt, an dem die einsetzende behördliche Stabskommunikation auf bereits etablierte, aber auch konkurrierende Deutungen in der Bevölkerung traf. Zudem zeigte sich fortwährend eine Diskrepanz zwischen behördlicher Risikobewertung und gesellschaftlicher Risikowahrnehmung, da Covid-19 für viele Menschen zunächst nicht unmittelbar erfahrbar war und vor allem eine „unsichtbare“ Bedrohung blieb. Hinzu kam, dass bis zuletzt Maßnahmen gerechtfertigt werden mussten, deren Wirkung im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen auch von Seiten der Behörden kaum abschließend beurteilt werden konnten. Und eben diese Charakteristika einer komplexen Notlage erschwerten bei Covid-19 eine Krisenkommunikation nach klassischem Muster, zu dem u. a. zählt, dass ausschließlich behördliche Kanäle für die Erstinformierung und Warnung der Bevölkerung zuständig sind und „Deutungsmacht“ als zentrales Ziel auszugeben.

Im ersten Teil des Prävinars wird anhand einiger Beispiele dargelegt, in welcher Form Behördenkommunikation versuchte, Legitimität zu erzeugen, und auch auf welche Form der Kritik dies stieß. Im Anschluss erfolgt ein Gespräch mit Dr. Thomas Nitzsche, der als Oberbürgermeister von Jena zwischen 2020 und 2022 zuständig für das kommunale Krisenmanagement war, das in der Öffentlichkeit und auch in der Forschung viel Beachtung fand. Thematisch wird das Verhältnis der behördlichen Rechtfertigung einzelner Maßnahmen und darauf bezogener Kritik im Vordergrund stehen. Das Gespräch wird schließlich auch für im Plenum aufkommende Fragen geöffnet.

Mit Lösungsimpulsen von:
Dr. Thomas Nitzsche
, Oberbürgermeister von Jena

Referierende

André Biermann
André Biermann ist Soziologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Seurity and Society der Universität Freiburg. Dort untersucht er aktuell öffentliche Diskurse zu Anti-Corona-Maßnahmen in Deutschland. Dazu rekonstruiert er Praktiken und Muster sowohl der öffentlichen Legitimation und Rechtfertigung von Anti-Corona-Maßnahmen als auch der Rechtfertigung von Kritik an diesen (z.B. Maskenpflicht). Seine Analyse erstreckt sich auf die Kommunikation von allen Ebenen des Katastrophenschutzes sowie auf ein breites Spektrum des öffentlichen Diskurses. Neben qualitativen diskursanalytischen Studien stützt er sich methodisch auch auf leitfadengestützten Expert*inneninterviews.
Foto von André Biermann
Dr. Thomas Nitzsche

Der Oberbürgermeister Dr. Thomas Nitzsche ist verheiratet, Vater einer Tochter und eines Sohnes und lebt seit 1990 in Jena. Er studierte Anglistik und Politikwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Von 2008 bis zu seinem Amtsantritt als Oberbürgermeister im Juli 2018 arbeitete er als Fachreferent der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek. Seit 2009 war Dr. Thomas Nitzsche Mitglied im Stadtrat und u.a. Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, des Schulnetzausschusses sowie des Beirats Kfz-Verkehr. Am 09.06.2024 wurde Dr. Thomas Nitzsche in seine zweite Amtszeit als Oberbürgermeister der Stadt Jena gewählt.

Foto von Dr. Thomas Nitzsche
20.02.2025, 15.00 - 16.00 Uhr

LegiNot-Prävinar 4 – Recht als Hilfe oder Hindernis in der Krise?

Abstract

Achtung Terminänderung:
Dieses Prävinar findet nicht am 10.Oktober 2024 sondern am 20.Februar 2025 statt.

Staatliches Handeln wird nicht allein durch seine Rechtmäßigkeit legitimiert. Dennoch ist das Recht eine maßgebliche Quelle, Grundlage und zugleich Grenze von Legitimation. Denn Ausnahmesituationen in Notfällen sind keine Ausnahmesituationen vom Recht, sondern im Recht. Das Grundgesetz sieht für einige Krisenlagen spezielle Regelungen vor; für andere wiederum nicht, sodass seine demokratischen und rechtsstaatlichen Vorgaben grundsätzlich unverändert zur Anwendung kommen. Wie wandeln sich aber die Legitimationsbedingungen und -anforderungen unter dem Grundgesetz, wenn das Recht unter dem Einfluss von Bedrohung, Handlungsdruck und Unsicherheit nicht gleich der Normallage seine Steuerungsleistung erbringen kann? Und wie kann und muss es dabei dennoch als Hilfe und nicht als bremsendes Hindernis für die Krisenbewältigung genutzt werden? Im Rahmen des Verbundprojekts LegiNot haben sich die Forschenden der Universität Bielefeld unter anderem mit diesen Fragestellungen beschäftigt. In dem Prävinar werden diese aufgegriffen und Lösungsansätze unter der Einbeziehung von Problemimpulsen aus der Praxis diskutiert.

Mit Lösungsimpulsen (Videoaufzeichnungen) von:
Björn Stahlhut, Leiter der Koordinierungsstelle Kommunales Krisenmanagement der Landeshauptstadt Potsdam
Christian Kromberg, Beigeordneter der Stadt Essen für den Geschäftsbereich Recht, öffentliche Sicherheit und Ordnung

Referierende

Prof. Dr. Christoph Gusy

Prof. Dr. Christoph Gusy ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Staatslehre und Verfassungsgeschichte. Arbeitsschwerpunkte des Lehrstuhls sind die neuere Verfassungsgeschichte, das Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte, das Polizei- und Sicherheitsrecht sowie das Informations- und Datenschutzrecht.

Ein Foto von Gusy
Juliane Klei

Juliane Klei ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Staatslehre und Verfassungsgeschichte von Professor Dr. Christoph Gusy an der Universität Bielefeld. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Verfassungs- und Infektionsschutzrecht.

Ein Foto von Juliane Klei