Bericht des Weltbiodiversitätsrates zu invasiven Arten
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Die Ausbreitung von invasiven, gebietsfremden Arten ist eine der wichtigsten direkten Ursachen für den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt [I]. Über die Gefährdung von landwirtschaftlicher Produktion und Ökosystemleistungen haben invasive Arten auch Einfluss auf das menschliche Wohlergehen. Jedoch werden diese Bedrohungen vergleichsweise wenig öffentlich diskutiert.
Der Weltbiodiversitätsrat IPBES veröffentlichte am 4. September 2023, einen neuen Bericht über invasive Arten und deren Bekämpfung. Dieser soll dabei helfen, das Biodiversitätsabkommen von Kunming-Montreal [II] umzusetzen, das im Dezember 2022 beschlossen wurde. Eins der darin festgeschriebenen Ziele ist, „die Auswirkungen invasiver gebietsfremder Arten auf die Biodiversität und Ökosystemleistungen rückgängig zu machen, zu minimieren, zu reduzieren oder abzuschwächen“.
Forschende aus 49 Länder haben an dem IPBES Bericht mitgearbeitet und wissenschaftliche Evidenz aus über 13.000 Referenzen zusammengetragen. Der Bericht fasst den aktuellen Stand und die Trends bei der Ausbreitung invasiver Arten sowie deren Auswirkungen und Ursachen zusammen und diskutiert Handlungsoptionen für die Politik.
Was ist der Stand bei der Ausbreitung invasiver Arten – vor allem in Deutschland und Mitteleuropa? Welche invasiven Arten sind besonders gefährlich und warum? Wie kann und sollte die Politik gegensteuern? Diese Fragen – und Ihre – beantworteten drei am Bericht beteiligte Forschende in einem 50-minütigen Press Briefing unter Embargo.
- Prof. Dr. Sven Bacher
Leiter der Arbeitsgruppe Angewandte Ökologie, Fachbereich Biologie, Universität Freiburg, Schweiz und koordinierender Leitautor für Kapitel 4 „Ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“ des IPBES Berichts - Dr. Katharina Dehnen-Schmutz
Associate Professor am Centre for Agroecology, Water and Resilience, Coventry University, Vereinigtes Königreich und Leitautorin für Kapitel 4 „Ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“ des IPBES Berichts - Dr. Hanno Seebens
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Quantitative Biogeographie, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (SBIK-F)
Statements aus dem Press Briefing
Das SMC hat jeweils ein prägnantes Statement der Expertin und Experten aus dem Press Briefing ausgewählt. Diese stellen wir Ihnen nachfolgend zur Verfügung.
Prof. Dr. Sven Bacher
Leiter der Arbeitsgruppe Angewandte Ökologie, Fachbereich Biologie, Universität Freiburg, Schweiz und koordinierender Leitautor für Kapitel 4 „Ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“ des IPBES Berichts
„Biologische Invasionen sind ein natürlicher Prozess: einige Arten passen sich an, andere Arten sterben aus. Natürliche Systeme sind von Natur aus dynamisch. Das Problem entsteht eigentlich erst, wenn wir die Effekte für uns Menschen betrachten. Wir sind existenziell abhängig von natürlichen Systemen – durch die Nahrungsproduktion und durch viele andere Dinge. Und wenn sich diese Systeme sehr stark verändern – wie zum Beispiel durch den Klimawandel oder durch das Wirken anderer globaler Triebkräfte, unter anderem gebietsfremder Arten –, dann verlieren wir die Kontrolle über die Ökosysteme. Dann müssen wir uns auch sehr schnell wandeln und das wird schwierig. Dann gibt es große Migrationen, dann gibt es auch bei den Menschen viele Populationen, die verschwinden oder gering sind. Das wollen wir einfach nicht. Deswegen ist es in unserem eigenen Interesse, die Systeme so zu halten, dass wir sie verstehen und dass wir auch wissen, wie wir sie nutzen können – auch nachhaltig nutzen können –, damit wir nicht in diese derartigen Katastrophen hineinkommen. Das ist hier der Hauptpunkt. Wenn Sie die Natur sich selbst überlassen und ihr eine Million Jahre geben, dann ist alles in Ordnung. Aber die Zeit haben wir nicht.“
Dr. Katharina Dehnen-Schmutz
Associate Professor am Centre for Agroecology, Water and Resilience, Coventry University, Vereinigtes Königreich und Leitautorin für Kapitel 4 „Ökologische, wirtschaftliche und soziale Auswirkungen“ des IPBES Berichts
„Es ist wichtig, noch mal zu sagen, dass viele gebietsfremde Arten einfach da sind und solange wir keine Schäden feststellen können, brauchen wir auch nichts dagegen zu tun. Wir wollen nicht sagen, dass jede gebietsfremde Art jetzt sofort unbedingt ausgerottet werden muss. Natürlich wollen wir verhindern, dass weitere Arten eingeführt werden, unabhängig davon, ob wir schon wissen, was die Auswirkungen sind. Es ist viel zu schwierig vorherzusagen, ob eine Art, die man einführt, in der Zukunft vielleicht negative Auswirkungen haben wird. Aber bei den Arten, die schon da sind, muss man genau abwägen und in jedem Einzelfall muss entschieden werden, was die besten Maßnahmen sind.“
Dr. Hanno Seebens
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Quantitative Biogeographie, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (SBIK-F)
„Bei der Betrachtung der Problematik der invasiven Arten steht viel zu sehr die Art selbst im Vordergrund. Es geht immer nur um invasive Arten und die Bekämpfung von invasiven Arten. Dabei muss man immer bedenken, dass das eigentliche Problem nicht die invasive Art ist. Das eigentliche Problem ist der Mensch, der dahintersteht und dessen Handeln dazu führt, dass sich diese Arten überhaupt ausbreiten können. Das heißt, unsere Arbeit dreht sich eigentlich mehr darum, unser Handeln, unser menschliches Handeln so zu gestalten, dass wir diese Ausbreitung und auch die negativen Auswirkungen davon minimieren können. Die Bekämpfung oder das Management von den invasiven Arten ist einer der letzten Schritte. Vorher müssen wir unser menschliches Handeln mehr betrachten. Das heißt, wir müssen vom Blickwinkel der invasiven Art wegkommen und mehr über den Prozess sprechen, den wir biologische Invasion nennen, den wir besser managen müssen, damit wir gar keine invasiven Arten haben.“
www.praeventionstag.de
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