Künftige Generationen werden dankbar sein
Weitere News
zu dem Thema
"Der Klimawandel als Bedrohung der Menschenrechte: Das Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs ist wegweisend, es drängt die Staaten beim Klimaschutz zum Handeln. Und es ist damit zu rechnen, dass diese auch gehorchen werden.
"Historisch" - dieses Wörtchen fiel immer wieder nach der Urteilsverkündung. Eine historische Gerichtsentscheidung, von der noch lange geredet werden wird, da waren sich alle Beobachter einig. Nach spektakulären Urteilen aus einzelnen Ländern - wie etwa dem Klimabeschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichts - sind jetzt für ganz Europa Leitlinien festgelegt.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sagt nicht nur klipp und klar: Der Klimawandel ist eine Tatsache und eine echte Bedrohung für die Menschenrechte. Er sagt auch: Menschen können klagen und von ihren Regierungen vor Gericht verlangen, dass sie gegensteuern. Dabei geben sich die europäischen Richterinnen und Richter nicht damit zufrieden, dass irgendwann irgendetwas unternommen wird. Sie bestehen auf konkreten, quantifizierbaren Zielen und zügigem Handeln.
Klimawandel nun auch juristisch aufgeladen
Nun betont auch dieser Gerichtshof, welch ernstes Problem der Klimawandel darstellt. Und es ist gewisses Pathos dabei: Es handele sich um ein gemeinsames Anliegen der Menschheit. Besonders interessant ist dabei, dass der Gerichtshof dieses Thema nicht nur allgemein politisch problematisiert, sondern es juristisch auflädt. Jeder Mensch könne in seinen Rechten davon betroffen sein. Soll heißen: Wenn das Klima menschenfeindlich ist, lässt sich vieles aus der Menschenrechtskonvention nicht mehr garantieren.
Wenn gerade Ältere angesichts der Hitze um ihr Leben fürchten müssen, wird das Recht auf Leben - ein zentraler Artikel in der Menschenrechtskonvention - wertlos. Damit ist es nicht nur Sache der Regierungen, politisch für mehr Klimaschutz zu sorgen. Das Recht ist einklagbar. Die Gerichte sind mit im Spiel. Die Regierungen müssen damit rechnen, dass sie kontrolliert werden.
Viele Klagen werden folgen
Der Gerichtshof geht die Sache zu Recht mit einer großen Ernsthaftigkeit an. Das Urteil wird in den nächsten Jahren Folgen haben. Erstmal ist nur die Schweiz verurteilt. Aber es wird nicht lange dauern, bis Klimaaktivisten aus den anderen 46 Mitgliedsstaaten beim Menschenrechtsgerichtshof vorstellig werden. Zwar werden diese Klagen im Wesentlichen von Vereinigungen betrieben werden müssen - der Gerichtshof verhindert so, dass er von Abertausenden angerufen wird. Die Sache wird so gebündelt. Aber die notwendigen Vereinigungen für Klimaschutz werden sich bilden.
Sie müssen sich allerdings erst im eigenen Land durch alle Gerichtsinstanzen durchgeklagt haben. Aber wenn es in der Sache zu Hause keinen Erfolg gab, steht zu vermuten, dass sie alle nach Straßburg ziehen werden.
Taktik der "zermürbenden Höflichkeit"
Es kommt also einiges in Bewegung. Zwar kann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht selbst Gerichtsvollzieher in den jeweiligen Ländern losschicken, um die eigenen Urteile vollstrecken zu lassen. Es handelt sich nur um ein Gericht auf internationaler Ebene, das für die Umsetzung auf den guten Willen der Regierungen angewiesen ist. Aber er hat in der Vergangenheit angesichts renitenter Staaten wie Russland oder der Türkei über die Jahre eine Taktik der zermürbenden Höflichkeit entwickelt.
Immer wieder werden die Staaten daran erinnert, dass sie noch ein Urteil umsetzen müssen. Ihnen droht ein deutlicher Verlust an Ansehen, wenn sie Menschenrechte nicht beachten. Sodass auch beim Klimaschutz damit zu rechnen ist, dass die Regierungen der Mitgliedsländer doch irgendwie gehorchen werden. Gut möglich, dass kommende Generationen dem EGMR noch richtig dankbar sein werden."
Quelle: Tagesschau
www.praeventionstag.de