29.08.2024

Kipprisiken durch Überschreiten der 1,5 °C-Grenze können minimiert werden, wenn die Erwärmung rasch umgekehrt wird

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Die aktuelle Klimapolitik birgt ein hohes Risiko für das Kippen kritischer Erdsystemelemente, selbst wenn die Temperaturen nach einer Phase der Überschreitung der globalen Erwärmung wieder unter 1,5 °C fallen. Eine neue Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, weist darauf hin, dass dieses Risiko minimiert werden kann, wenn die Erwärmung rasch umgekehrt wird. Deshalb ist die Reduzierung der Emissionen im laufenden Jahrzehnt für die Stabilität der Erdsystemfunktionen von entscheidender Bedeutung, schreiben Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) und anderer Institute. Sie analysierten die Kipprisiken für vier miteinander verbundene zentrale Klima-Kippelemente: den grönländischen Eisschild, den westantarktischen Eisschild, die Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC) und den Amazonas-Regenwald.

Der vom Menschen verursachte Klimawandel kann zu einer Destabilisierung großer Komponenten des Erdsystems wie Eisschilden oder Meeresströmungen, den sogenannten Kippelementen, führen. Diese Komponenten kippen zwar nicht über Nacht, aber es werden grundlegende Prozesse in Gang gesetzt, die sich über Jahrzehnte, Hunderte oder Tausende von Jahren erstrecken. Diese Veränderungen sind so schwerwiegend, dass sie um jeden Preis vermieden werden sollten, argumentieren die Forscher. In ihrer neuen Studie bewerteten sie die Risiken einer Destabilisierung von mindestens einem Kippelement infolge einer Überschreitung von 1,5 °C. Ihre Analyse zeigt, wie entscheidend es für den Zustand des Planeten ist, die Klimaziele des Pariser Abkommens einzuhalten. Sie betont außerdem die Folgen der heutigen Klima(un)maßnahmen für die nächsten Jahrhunderte und Jahrtausende.

„Auch wenn Zeiträume bis 2300 oder darüber hinaus weit entfernt erscheinen, ist es wichtig, die Kipprisiken so gut wie möglich abzubilden. Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen und aufrechtzuerhalten, um diese Risiken für die nächsten Hunderte von Jahren und darüber hinaus zu begrenzen“, erklärt Co-Leitautorin Tessa Möller, Wissenschaftlerin am IIASA und PIK. „Unsere Berechnungen zeigen, dass eine Fortsetzung der derzeitigen Politik bis zum Ende dieses Jahrhunderts zu einem hohen Kipprisiko von 45 Prozent führen würde, dass mindestens eines der vier Elemente bis 2300 kippt.“


Eine globale Erwärmung von über 2 °C erhöht das Kipprisiko erheblich
„Wir sehen mit jedem Zehntelgrad Überschreitung der 1,5 °C-Grenze ein steigendes Kipprisiko. Wenn die globale Erwärmung aber auch die 2 °C-Grenze überschreiten würde, würden die Kipprisiken noch schneller steigen. Das ist sehr besorgniserregend, da Szenarien, die der derzeit umgesetzten Klimapolitik folgen, bis Ende dieses Jahrhunderts schätzungsweise zu einer globalen Erwärmung von etwa 2,6 °C führen werden“, sagt Annika Ernest Högner vom PIK, die die Studie mit leitete.

„Unsere Studie bestätigt, dass Kipprisiken als Reaktion auf Überschreitungen minimiert werden können, wenn die Erwärmung rasch umgekehrt wird. Eine solche Umkehr der globalen Erwärmung kann nur erreicht werden, wenn die Treibhausgasemissionen bis 2100 mindestens netto Null erreichen. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Klimaziele des Pariser Abkommens, die Erwärmung auch bei einer vorübergehenden Überschreitung von über 1,5 °C auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen“, sagt Studienautor Nico Wunderling vom PIK.

Die vier in der Studie analysierten Kipp-Elemente spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung der Stabilität des Klimasystems der Erde. Bisher sind komplexe Erdsystemmodelle noch nicht in der Lage, ihr nichtlineares Verhalten, ihre Rückkopplungen und Wechselwirkungen zwischen einigen der Kipp-Elemente umfassend zu simulieren. Daher verwendeten die Forscher ein stilisiertes Erdsystemmodell, um die wichtigsten Eigenschaften und das Verhalten darzustellen und so relevante Unsicherheiten in Bezug auf Kipp-Elemente und ihre Wechselwirkungen systematisch einzubeziehen. 

„Diese Analyse der Kipppunktrisiken untermauert die Schlussfolgerung, dass wir die Risiken unterschätzen und nun erkennen müssen, dass das rechtlich verbindliche Ziel des Pariser Abkommens, die globale Erwärmung auf ‚deutlich unter 2°C‘ zu halten, in Wirklichkeit eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C bedeutet. Aufgrund unzureichender Emissionsreduktionen besteht ein immer größeres Risiko, dass diese Temperaturgrenze zeitweise überschritten wird. Dies müssen wir um jeden Preis minimieren, um die verheerenden Auswirkungen auf die Menschen auf der ganzen Welt zu verringern“, schließt PIK-Direktor und Autor der Studie Johan Rockström.

Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

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