21.04.2024

Rund die Hälfte der Grundschulkinder macht Erfahrungen mit physischer Gewalt an ihren Schulen.

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Das Wohlbefinden von Kindern ist im Kontext Schule unter anderem dann gefährdet, wenn sie in ihrer Klasse oder Schule mit dissozialem Verhalten – problematischen Verhaltensweisen anderer Kinder – konfrontiert sind. Anhand der Befragung der Schüler*innen im Rahmen von IGLU 2021 zeigt sich, dass fast die Hälfte der Grundschulkinder Erfahrungen mit physischer Gewalt und über 10 Prozent mit Online-Mobbing gemacht haben. Insgesamt sind die Erfahrungen der Grundschulkinder mit dissozialen Verhaltensweisen ähnlich wie im EU-Durchschnitt ausgeprägt. In Deutschland ist der Unterschied in der Lesekompetenz zwischen Kindern mit viel und Kindern mit wenig Erfahrungen mit dissozialem Verhalten im EU-Vergleich jedoch am größten. Nicht erst seit der Corona-Pandemie hat das Thema Wohlbefinden von Schüler*innen an Bedeutung gewonnen. Als prägende Sozialisationsinstanz spielt Wohlbefinden im Kontext Schule eine bedeutende Rolle, aber auch für den schulischen Erfolg ist das Wohlbefinden relevant. In der repräsentativen Erhebung von IGLU 2021 wurden Kinder dazu befragt, wie häufig sie durch andere Kinder in der Schule dissoziales Verhalten wie zum Beispiel Beschimpfungen, Lügen, Körperverletzungen oder Diebstahl erfahren.
(Projekt-Kurzbericht)

Viele Grundschulkinder in Deutschland machen Erfahrungen mit dissozialem Verhalten
Die Studienergebnisse zeigen, dass von den zehn einzelnen berücksichtigten Formen dissozialen Verhaltens Ausgrenzungen (54.6 %), Beschimpfungen (52.3 %) und physische Gewalt (49.4 %) am häufigsten von Kindern in Deutschland in der Grundschule erlebt werden. Online-Mobbing kommt seltener vor, aber schon 10 Prozent der Grundschüler*innen haben mit der Verbreitung gemeiner oder verletzender Informationen über sich Erfahrung gemacht, rund 17 Prozent erhielten gemeine oder verletzende Nachrichten. Der internationale Vergleich zeigt ähnliche Erfahrungen bei Kindern in anderen EU-Staaten. Ausgrenzungen und physische Gewalt kommen im EU-Durchschnitt jedoch weniger häufig vor, Lügen spielen hingegen in Deutschland eine geringere Rolle. Einen bedeutenden Unterschied hebt Dr. Rahim Schaufelberger hervor: „Bemerkenswert ist, dass in Deutschland rund die Hälfte aller Kinder beim Grundschulbesuch Erfahrungen mit physischer Gewalt macht.“ Die Erfahrungen der Kinder verteilen sich in Deutschland unterschiedlich auf die Schulklassen: Regelmäßige Erfahrungen (mindestens einmal pro Woche) mit physischer Gewalt und mit Beschimpfungen (verbale Gewalt) kommen in einem größeren Anteil an Klassen vor (72.5 bzw. 91.2 % der Klassen mit betroffenen Kindern), während regelmäßige Erfahrungen mit Stehlen und mit OnlineMobbing in einem großen Anteil an Schulklassen keine Kinder betreffen (47.0 bzw. 37.1 % der Klassen mit betroffenen Kindern).

Zusammenhang von dissozialem Verhalten und Lesekompetenz
Das IGLU-Forscherteam ist außerdem der Frage nachgegangen, wie stark dissoziales Verhalten und schulische Leistungen zusammenhängen und hat dabei die Lesekompetenz in den Fokus genommen. „Hier lässt sich sowohl zwischen den Staaten als auch innerhalb der Staaten ein konsistenter Zusammenhang erkennen; je niedriger die Erfahrungen mit dissozialem Verhalten sind, von denen Kinder berichten, desto höher ist die Lesekompetenz. Ein Zusammenhang lässt keine kausalen Rückschlüsse oder Wirkrichtungen zu. In Deutschland ist der Unterschied in der mittleren Lesekompetenz zwischen Kindern mit viel und Kindern mit wenig Erfahrungen mit dissozialem Verhalten im EU-Vergleich jedoch am größten“, gibt Dr. Schaufelberger an.

Fazit
In Anbetracht dieser Erkenntnisse sollte die Verringerung von dissozialem Verhalten in Grundschulen ein Fokus von Bildungspolitik und -praxis in Deutschland sein. Initiativen wie Tuesdays for Education tragen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung eines positiven Schulumfelds zu schärfen und Strategien zur Förderung des Wohlbefindens und zur Prävention von dissozialem Verhalten zu entwickeln. „Langfristig können solche Maßnahmen nicht nur das akute Wohlbefinden von Schüler*innen verbessern, sondern auch zu einer positiveren Entwicklung von schulischen Leistungen wie der Lesekompetenz beitragen“, konstatiert die Studienleiterin Professorin Nele McElvany.

Quelle: Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS)

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