13.09.2022
DFG-Kommission für Pandemieforschung: „Pandemic Preparedness“ für die Zukunft stärken
Aktuelle Stellungnahme zeigt Wissens- und Handlungslücken aus Coronavirus-Pandemie auf / 17 „Lessons Learnt“ mit Resilienz-Strategien zur besseren Vorbereitung auf künftige Pandemien
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Die Interdisziplinäre Kommission für Pandemieforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ihre Erkenntnisse und Erfahrungen im bisherigen Verlauf der Coronavirus-Pandemie ausgewertet. In einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme formuliert das mit 21 Mitgliedern aus allen wissenschaftlichen Fachgebieten besetzte Gremium, welche Schlussfolgerungen für die Vorbereitung auf künftige Pandemien („Pandemic Preparedness“) sich daraus ableiten lassen. In insgesamt 17 „Lessons Learnt“ werden Wissens- und Handlungslücken aufgezeigt und Handlungsbedarf aus der Perspektive der Wissenschaften benannt. Die „Lessons Learnt“ richten sich an Politik und Verwaltung ebenso wie an Wissenschaftsorganisationen und Forschungsförderer, an Medienvertreterinnen und -vertreter sowie an Forscherinnen und Forscher.
„Die Coronavirus-Pandemie ist Teil einer Ära multipler komplexer globaler Krisen wie dem Klimawandel, dem Verlust der biologischen Vielfalt, kriegerischer Auseinandersetzungen und weiteren Krisen, die wir momentan vielleicht noch gar nicht voraussehen können“, so DFG-Präsidentin Professorin Dr. Katja Becker, die auch Vorsitzende der Kommission für Pandemieforschung ist. „In einer solchen Ära sind wissenschaftlich gesichertes Wissen, wissenschaftliche Strukturen und Ressourcen von besonderem Wert. Mit der nun vorgelegten Stellungnahme wollen wir die künftige ‚Pandemic Preparedness‘ stärken und dabei Perspektiven aus allen Wissenschaftsgebieten einbeziehen. Gerade diesen interdisziplinären Austausch zu den pandemiebezogenen Forschungsbedarfen und Bedarfen der Wissenschaften haben wir innerhalb der Kommission als sehr gewinnbringend wahrgenommen.“
„Die Stellungnahme der DFG-Kommission für Pandemieforschung ist eine Zusammenschau von Beobachtungen und Erkenntnissen in den verschiedenen Phasen einer weiterhin andauernden Pandemie aus Sicht der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie erhebt keinen Anspruch, die vielfältigen Forschungs- und Förderaktivitäten im deutschen Wissenschaftssystem und darüber hinaus vollständig abzubilden“, ergänzt DFG-Vizepräsidentin Professorin Dr. Britta Siegmund, die ebenfalls Mitglied der Kommission ist. „Vielmehr werden die einzelnen ‚Lessons Learnt‘ beispielhaft belegt und konkretisiert. Zudem werden weitere Forschungsbedarfe festgestellt und die notwendige Entwicklung von Rahmenbedingungen beschrieben, um die Stellungnahme in wirksames Handeln münden zu lassen.“
Die ersten sechs „Lessons Learnt“ konzentrieren sich auf Beobachtungen zu wissenschaftsunterstützenden Strukturen und förderpolitischen Maßnahmen: So betont die Stellungnahme als Erstes die zentrale Rolle der freien und von Neugier getriebenen Grundlagenforschung, die den Wissensspeicher für zukünftige und unvorhergesehene Krisen kontinuierlich füllt. Wegen dieser Bedeutung dürfe die Grundlagenforschung auch keineswegs gegenüber einer programmorientierten Förderung geschwächt werden. Als elementare Bausteine zur Krisenbewältigung sollten zudem die nationale, internationale und interdisziplinäre Vernetzung und Zusammenarbeit der Wissenschaften dringend weiter unterstützt werden.
Gleichzeitig formuliert die Stellungnahme die Mahnung vor einer „Covidisierung“ der akademischen Forschung; eine längerfristige Konzentration von Fördermitteln nur auf ein Thema sollte vermieden werden. Um das Wissenschaftssystem in Krisensituationen stabiler und zugleich reaktionsfähiger zu machen, schlägt die Stellungnahme darüber hinaus den Aufbau zusätzlicher, nicht aus Drittmitteln finanzierter Personalkapazitäten vor. Dies schaffe in Krisensituationen größere Stabilität und erlaube zugleich eine höhere Reaktionsfähigkeit im Wissenschaftssystem selbst. Schließlich sollten auch die kaskadierenden Folgen der COVID-19-Pandemie langfristig erforscht und nicht mit dem „Auslaufen“ der Pandemie beendet werden.
Die „Lessons Learnt“ 7 bis 12 stellen den wissenschaftlichen Produktionsprozess in den Mittelpunkt: Dazu zählt die Erkenntnis, dass die digitale Infrastruktur des Wissenschaftssystems dringend gestärkt werden sollte, aber auch, dass die Fördermaßnahmen für Chancengleichheit im Wissenschaftssystem nachjustiert werden sollten. Zudem empfiehlt die Kommission, neue Formen der Qualitätssicherung im wissenschaftlichen Publikationsprozess zu etablieren, denn um zu zeitkritischen Themen schnell zu publizieren und gleichzeitig die Qualität zu sichern, braucht es in möglichst allen Wissenschaftsbereichen eine auch durch die wissenschaftliche Ausbildung etablierte Kultur von Vorab-Publikationen. In der Kommunikation über Maßnahmen des Pandemiemanagements sollten deren wissenschaftlichen Grundlagen deutlich gemacht werden, aber ebenso auch ihre Grenzen. Dazu braucht es nach Ansicht der Kommission auch supranationale Gremien, die in Krisensituationen Handlungsempfehlungen auf der Basis von interdisziplinären Kriterien und synthetisierter Evidenz formulieren. Dass der Zugang zu sowie die Verfügbarkeit und Verknüpfung von Daten dringend verbessert werden müssen, lautet eine weitere Erkenntnis.
Die „Lessons Learnt“ 13 bis 17 zielen auf Wissenschaftskommunikation und die wissenschaftliche Beratung von Politik und Verwaltung: Hier wird zuvorderst genannt, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Wissenschaftskommunikation befähigt werden müssen. Sie benötigen Ressourcen sowie Qualifizierungsangebote zur Verbesserung ihrer Medienkompetenz und ihres Wissens über das Mediensystem. Gleichzeitig sollte aber auch das Wissenschaftsverständnis bei Journalistinnen und Journalisten ausgebaut und gestärkt werden. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, eine zentrale Kommunikationsstruktur für wirksame Gesundheits- und Krisenkommunikation zu schaffen sowie die Umsetzungsbedingungen für evidenzbasierte Gesundheitskommunikation zu erforschen. Und nicht zuletzt bedarf es klarer Regeln für wissenschaftliche Politikberatung.
Die Stellungnahme listet die genannten „Lessons Learnt“ zunächst zusammenfassend auf, im Anschluss werden die einzelnen Punkte ausführlich erarbeitet und begründet. Zugleich sind die Schlussfolgerungen konsistent mit und anschlussfähig an Veröffentlichungen anderer wissenschaftlicher Gremien zu dieser Thematik. Auf diese Weise sollen die Erkenntnisse aus der Coronavirus-Pandemie gesichert werden und die daraus resultierenden Empfehlungen dazu beitragen, die Krisenfestigkeit Deutschlands zu stärken.
Die jetzt veröffentlichte Stellungnahme zur „Pandemic Preparedness“ ist die fünfte größere Veröffentlichung der Interdisziplinären Kommission für Pandemieforschung der DFG. Das Gremium wurde bereits im Juni 2020 von der größten Forschungsförderorganisation und zentralen Selbstverwaltungseinrichtung für die Wissenschaft in Deutschland eingesetzt. Seitdem hat die Kommission mehr als 20 Mal getagt und sich immer wieder auch öffentlich geäußert, so bereits im Januar 2021 mit dem umfangreichen Dossier „Mehr wissen, informiert entscheiden“ zur Covid-19-Impfung, einem Positionspapier aus der Aerosolforschung sowie mit Stellungnahmen zum Handlungsbedarf bei Daten aus der Gesundheitsforschung und zum Forschungsbedarf beim Thema Long-Covid.
Im November 2021 veranstaltete die Kommission die internationale Digitalkonferenz „Preparedness for Future Pandemics from a Global Perspektive“, deren Diskussionen und Ergebnisse nun auch in die aktuelle Stellungnahme einflossen. Darüber hinaus begleitete die Kommission die großen fachlichen Ausschreibungen und speziell die sieben neuartigen Fokus-Förderungen, mit denen die DFG seit 2020 mehr als 150 neue Förderprojekte zur Erforschung der Coronavirus-Pandemie und ihrer vielfältigen wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Implikationen sowie anderer Epidemien und Pandemien auf den Wege gebracht hat. Ursprünglich für zwei Jahre eingesetzt, wurde das Mandat der Kommission inzwischen bis Ende 2023 verlängert.
„Die Coronavirus-Pandemie ist Teil einer Ära multipler komplexer globaler Krisen wie dem Klimawandel, dem Verlust der biologischen Vielfalt, kriegerischer Auseinandersetzungen und weiteren Krisen, die wir momentan vielleicht noch gar nicht voraussehen können“, so DFG-Präsidentin Professorin Dr. Katja Becker, die auch Vorsitzende der Kommission für Pandemieforschung ist. „In einer solchen Ära sind wissenschaftlich gesichertes Wissen, wissenschaftliche Strukturen und Ressourcen von besonderem Wert. Mit der nun vorgelegten Stellungnahme wollen wir die künftige ‚Pandemic Preparedness‘ stärken und dabei Perspektiven aus allen Wissenschaftsgebieten einbeziehen. Gerade diesen interdisziplinären Austausch zu den pandemiebezogenen Forschungsbedarfen und Bedarfen der Wissenschaften haben wir innerhalb der Kommission als sehr gewinnbringend wahrgenommen.“
„Die Stellungnahme der DFG-Kommission für Pandemieforschung ist eine Zusammenschau von Beobachtungen und Erkenntnissen in den verschiedenen Phasen einer weiterhin andauernden Pandemie aus Sicht der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie erhebt keinen Anspruch, die vielfältigen Forschungs- und Förderaktivitäten im deutschen Wissenschaftssystem und darüber hinaus vollständig abzubilden“, ergänzt DFG-Vizepräsidentin Professorin Dr. Britta Siegmund, die ebenfalls Mitglied der Kommission ist. „Vielmehr werden die einzelnen ‚Lessons Learnt‘ beispielhaft belegt und konkretisiert. Zudem werden weitere Forschungsbedarfe festgestellt und die notwendige Entwicklung von Rahmenbedingungen beschrieben, um die Stellungnahme in wirksames Handeln münden zu lassen.“
Die ersten sechs „Lessons Learnt“ konzentrieren sich auf Beobachtungen zu wissenschaftsunterstützenden Strukturen und förderpolitischen Maßnahmen: So betont die Stellungnahme als Erstes die zentrale Rolle der freien und von Neugier getriebenen Grundlagenforschung, die den Wissensspeicher für zukünftige und unvorhergesehene Krisen kontinuierlich füllt. Wegen dieser Bedeutung dürfe die Grundlagenforschung auch keineswegs gegenüber einer programmorientierten Förderung geschwächt werden. Als elementare Bausteine zur Krisenbewältigung sollten zudem die nationale, internationale und interdisziplinäre Vernetzung und Zusammenarbeit der Wissenschaften dringend weiter unterstützt werden.
Gleichzeitig formuliert die Stellungnahme die Mahnung vor einer „Covidisierung“ der akademischen Forschung; eine längerfristige Konzentration von Fördermitteln nur auf ein Thema sollte vermieden werden. Um das Wissenschaftssystem in Krisensituationen stabiler und zugleich reaktionsfähiger zu machen, schlägt die Stellungnahme darüber hinaus den Aufbau zusätzlicher, nicht aus Drittmitteln finanzierter Personalkapazitäten vor. Dies schaffe in Krisensituationen größere Stabilität und erlaube zugleich eine höhere Reaktionsfähigkeit im Wissenschaftssystem selbst. Schließlich sollten auch die kaskadierenden Folgen der COVID-19-Pandemie langfristig erforscht und nicht mit dem „Auslaufen“ der Pandemie beendet werden.
Die „Lessons Learnt“ 7 bis 12 stellen den wissenschaftlichen Produktionsprozess in den Mittelpunkt: Dazu zählt die Erkenntnis, dass die digitale Infrastruktur des Wissenschaftssystems dringend gestärkt werden sollte, aber auch, dass die Fördermaßnahmen für Chancengleichheit im Wissenschaftssystem nachjustiert werden sollten. Zudem empfiehlt die Kommission, neue Formen der Qualitätssicherung im wissenschaftlichen Publikationsprozess zu etablieren, denn um zu zeitkritischen Themen schnell zu publizieren und gleichzeitig die Qualität zu sichern, braucht es in möglichst allen Wissenschaftsbereichen eine auch durch die wissenschaftliche Ausbildung etablierte Kultur von Vorab-Publikationen. In der Kommunikation über Maßnahmen des Pandemiemanagements sollten deren wissenschaftlichen Grundlagen deutlich gemacht werden, aber ebenso auch ihre Grenzen. Dazu braucht es nach Ansicht der Kommission auch supranationale Gremien, die in Krisensituationen Handlungsempfehlungen auf der Basis von interdisziplinären Kriterien und synthetisierter Evidenz formulieren. Dass der Zugang zu sowie die Verfügbarkeit und Verknüpfung von Daten dringend verbessert werden müssen, lautet eine weitere Erkenntnis.
Die „Lessons Learnt“ 13 bis 17 zielen auf Wissenschaftskommunikation und die wissenschaftliche Beratung von Politik und Verwaltung: Hier wird zuvorderst genannt, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Wissenschaftskommunikation befähigt werden müssen. Sie benötigen Ressourcen sowie Qualifizierungsangebote zur Verbesserung ihrer Medienkompetenz und ihres Wissens über das Mediensystem. Gleichzeitig sollte aber auch das Wissenschaftsverständnis bei Journalistinnen und Journalisten ausgebaut und gestärkt werden. Darüber hinaus schlägt die Kommission vor, eine zentrale Kommunikationsstruktur für wirksame Gesundheits- und Krisenkommunikation zu schaffen sowie die Umsetzungsbedingungen für evidenzbasierte Gesundheitskommunikation zu erforschen. Und nicht zuletzt bedarf es klarer Regeln für wissenschaftliche Politikberatung.
Die Stellungnahme listet die genannten „Lessons Learnt“ zunächst zusammenfassend auf, im Anschluss werden die einzelnen Punkte ausführlich erarbeitet und begründet. Zugleich sind die Schlussfolgerungen konsistent mit und anschlussfähig an Veröffentlichungen anderer wissenschaftlicher Gremien zu dieser Thematik. Auf diese Weise sollen die Erkenntnisse aus der Coronavirus-Pandemie gesichert werden und die daraus resultierenden Empfehlungen dazu beitragen, die Krisenfestigkeit Deutschlands zu stärken.
Die jetzt veröffentlichte Stellungnahme zur „Pandemic Preparedness“ ist die fünfte größere Veröffentlichung der Interdisziplinären Kommission für Pandemieforschung der DFG. Das Gremium wurde bereits im Juni 2020 von der größten Forschungsförderorganisation und zentralen Selbstverwaltungseinrichtung für die Wissenschaft in Deutschland eingesetzt. Seitdem hat die Kommission mehr als 20 Mal getagt und sich immer wieder auch öffentlich geäußert, so bereits im Januar 2021 mit dem umfangreichen Dossier „Mehr wissen, informiert entscheiden“ zur Covid-19-Impfung, einem Positionspapier aus der Aerosolforschung sowie mit Stellungnahmen zum Handlungsbedarf bei Daten aus der Gesundheitsforschung und zum Forschungsbedarf beim Thema Long-Covid.
Im November 2021 veranstaltete die Kommission die internationale Digitalkonferenz „Preparedness for Future Pandemics from a Global Perspektive“, deren Diskussionen und Ergebnisse nun auch in die aktuelle Stellungnahme einflossen. Darüber hinaus begleitete die Kommission die großen fachlichen Ausschreibungen und speziell die sieben neuartigen Fokus-Förderungen, mit denen die DFG seit 2020 mehr als 150 neue Förderprojekte zur Erforschung der Coronavirus-Pandemie und ihrer vielfältigen wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Implikationen sowie anderer Epidemien und Pandemien auf den Wege gebracht hat. Ursprünglich für zwei Jahre eingesetzt, wurde das Mandat der Kommission inzwischen bis Ende 2023 verlängert.
Ein Service des deutschen Präventionstages.
www.praeventionstag.de
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