Präventionspolitik (32)
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Aktuelles aus dem Deutschen Bundestag
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Koalition will Antiziganismus bekämpfen
Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben einen Antrag zur Bekämpfung des Antiziganismus (19/8546) vorgelegt, der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, „jeder Form des Hasses gegen Sinti und Roma und dem Antiziganismus schon im Entstehen in aller Konsequenz entschlossen zu begegnen" und Antiziganismus auf europäischer Ebene „entschieden zu ächten". Die Bundesrepublik trage vor dem Hintergrund des „lange Zeit ignorierten Völkermords, der systematischen Entrechtung, Erniedrigung, Deportation und Ermordung von hunderttausenden Sinti und Roma im von Deutschland während des Zweiten Weltkrieges besetzten Europa eine besondere Verantwortung im Kampf gegen den Antiziganismus", mahnen die beiden Fraktionen in der Vorlage. Deutsche Sinti und Roma seien „Teil der Gesellschaft, hier verwurzelt und zählen zu den vier alteingesessenen Minderheiten in Deutschland". Begrüßt wird in dem Antrag, dass der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat gemäß Koalitionsvereinbarung „ein Expertengremium einsetzen wird, das erstmals eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen des Antiziganismus erarbeiten soll". Zugleich wird darin von der Bundesregierung gefordert, die Arbeit des unabhängigen Expertengremiums ressortübergreifend zu unterstützen. Bei dem Expertengremium wird in dem Antrag unter anderem angeregt, „Empfehlungen zu formulieren, wie Programme zur Bekämpfung von Antiziganismus entwickelt und weiterentwickelt werden können". -
Antiziganistische Straftaten im Jahr 2018
Im vergangenen Jahr sind laut Bundesregierung nach vorläufigen Zahlen 63 antiziganistische Straftaten registriert worden. Darunter waren sieben Gewaltdelikte, wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/8343) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/7999) weiter hervorgeht. Bei den 63 Straftaten wurden den Angaben zufolge für 2018 zum Stichtag 31. Januar 2019 insgesamt 36 Tatverdächtige ermittelt. Laut Vorlage werden Straftaten als antiziganistisch erfasst, wenn sie sich gegen die Volksgruppe der Sinti und Roma richten. -
Schutz aller Menschen und Gruppen
Alle in Deutschland lebenden Menschen und Gruppen müssen nach Ansicht der Bundesregierung „im Einklang mit und nach geltendem Recht vor Gewalt, Herabwürdigung und Benachteiligung geschützt werden". Es sei Aufgabe der dafür zuständigen staatlichen Stellen, „diesen Schutz und diese Sicherheit zu gewährleisten", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/8302) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/8009). Islamfeindliche Bestrebungen, die sich „gegen die Menschenwürde (Artikel 1 Grundgesetz [GG]), das Diskriminierungsverbot (Artikel 3 GG) und die Religionsfreiheit (Artikel 4 GG) richten und die Geltung dieser Prinzipien für Muslime durch politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen außer Kraft setzen beziehungsweise beseitigen wollen", seien als extremistisch zu beurteilen, führt die Bundesregierung weiter aus. Sie unterlägen daher dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes. Zugleich verweist die Bundesregierung darauf, dass Muslime in Deutschland ihre Religion in der Regel im Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausübten. Auslegungen und Personenzusammenschlüsse, die sich unter Berufung auf den Islam gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, würden im Kapitel „Islamismus/islamistischer Terrorismus" des aktuellen Verfassungsschutzberichtes des Bundesamtes für Verfassungsschutz aufgeführt. Wie aus der Vorlage ferner hervorgeht, ist im Phänomenbereich des Ausländerextremismus „in Teilen des türkischen Rechtsextremismus gelegentlich auch Christenfeindlichkeit festzustellen". Dies gehe in die Beurteilung des extremistischen Charakters der türkisch-rechtsextremistischen „Ülkücü"-Bewegung mit ein. -
Übergriffe auf Flüchtlinge
Bei Gewalttaten gegen Asylbewerber sind im vierten Quartal vergangenen Jahres 40 Menschen verletzt worden, darunter vier Kinder. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/8344) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/8002) hervor. Danach lagen der Bundesregierung mit Stand vom 26. Februar vorläufigen Zahlen zufolge Erkenntnisse zu insgesamt 31 politisch motivierten Delikten im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Dezember 2018 vor, bei denen eine Flüchtlingsunterkunft Tatort oder direktes Angriffsziel war. Zudem lagen ihr den Angaben zufolge Erkenntnisse zu 271 politisch motivierten Delikten im vierten Quartal 2018 vor, „die sich gegen Asylbewerber/Flüchtlinge außerhalb von Asylunterkünften richten". Ferner verfügte die Bundesregierung laut Antwort über Erkenntnisse zu elf politisch motivierten Delikten im genannten Zeitraum, die sich „gegen Hilfsorganisationen beziehungsweise ehrenamtliche/freiwillige Helfer" richteten. -
Protokoll der ILO gegen Zwangsarbeit
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (19/8461) zum Protokoll vom 11. Juni 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 28. Juni 1930 über Zwangs- und Pflichtarbeit vorgelegt. Das völkerrechtlich bindende Protokoll verpflichtet die Mitgliedstaaten der ILO zur Prävention und strafrechtlichen Verfolgung, zum Opferschutz und Opferentschädigung, um Zwangsarbeit und damit Menschenhandel effektiv zu bekämpfen. Der Gesetzentwurf ist die Voraussetzung dafür, dass das Protokoll von Deutschland ratifiziert werden kann. -
Sexualisierte Gewalt im Sport (aus den Beratungen des Sportausschusses)
Eine „Risikosportart", bei der sich Fälle sexualisierter Gewalt im Sport - insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen - häufen, gibt es nach Expertenangaben nicht. Sowohl Vertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) als auch der Deutschen Sportjugend (DSJ) machten ebenso wie der von der Bundesregierung berufene Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, während der Sitzung des Sportausschusses am 20.03.2019 deutlich, dass sich die Problematik durch alle Sportarten ziehe.Rörig sagte vor den Abgeordneten, er könne bedauerlicherweise nicht über große Fortschritte im Kampf gegen sexuelle Gewalt im Breiten- und Spitzensport berichten. Die Ergebnisse der „Safe Sport Studie" seien beunruhigend. Danach hat jeder dritte deutsche Spitzenathlet als Kind oder Jugendlicher schon eine Form der sexualisierten Gewalt selbst erfahren. Noch sei dem organisierten Sport in Deutschland ein großer Missbrauchsskandal erspart geblieben, wie es ihn etwa im englischen Nachwuchsfußball oder im Turnbereich der USA gegeben habe, sagte Rörig. Davon auszugehen, dass die hierzulande bekannt gewordenen Fälle jedoch nur Einzelfälle seien, wäre aber falsch, sagte er.
Über die Kooperation mit dem DOSB und der DSJ versuche er mehr Dynamik zu erreichen, um Schutzkonzepte im Sport zur Anwendung zu bringen, sagte der Missbrauchsbeauftragte. Das sei leider bisher noch nicht umfänglich gelungen. „Nur" 50 Prozent der Sportvereine hätten Schutzkonzepte zur Anwendung gebracht, sagte Rörig. Auch sei die Leistungs- und Spitzensportförderung leider noch nicht an feste Regeln zur Prävention geknüpft worden. Rörig bedauerte es, mit den Spitzensportverbänden noch nicht richtig in Gespräche gekommen zu sein.
Viele Vereine seien in Sachen Prävention noch nicht so weit, wie sich der DOSB das wünsche, räumte Petra Tzschoppe, für Frauen und Gleichstellung zuständige DOSB-Vizepräsidentin, ein. Es gehe darum, eine Kultur des Hinsehens zu etablieren, die zugleich auch eine Kultur des Respektes und der Wertschätzung sein müsse. Prinzipien wie Toleranz und Chancengleichheit seien wichtig, weil sie verhindern könnten, Machtpositionen auszunutzen, sagte Tzschoppe.
„Schon" 50 Prozent der Vereine widmeten sich der Problematik, machte der DSJ-Vorsitzende Jan Holze deutlich. Einer Problematik, die noch vor wenigen Jahren nicht erkannt worden sei. Es sei gelungen, das Thema aus der Tabuzone zu holen, sagte Holze. Gleichwohl gebe es weiteres Potenzial.
Elena Lamby, Referentin für die Prävention sexualisierter Gewalt im Sport bei der DSJ, sagte, der Sport sei gezwungen, sich beim Umgang mit der Problematik selbst zu helfen, weil es keine Hilfe von anderen Stellen gebe. Die Jugendämter, so Lamby, hätten zu viel auf dem Tisch, Fachberatungsstellen seien nicht flächendeckend ausgebaut.
Diskutiert wurde während der Sitzung auch über das von Übungsleitern vorzulegende erweiterte Führungszeugnis. Sportjugend-Chef Holze beklagte einen immensen bürokratischen Aufwand für die oft ehrenamtlich geführten Vereine. Außerdem könne ein erweitertes Führungszeugnis, in dem auch Sachen aufgeführt seien, die mit der eigentlichen Problematik nichts zu tun hätten, zu einer Stigmatisierung der Trainer führen. Er plädierte daher für einen Negativ-Attest, mit dem die zuständige Stelle der Justiz dem Verein gegenüber mitteile, dass im Bereich Kinder- und Jugendschutz nichts gegen die Trainer vorliege.
Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, für Heimat und Bau (BMI), entgegnete, mit einer solchen Forderung renne man beim BMI offene Türen ein. Innerhalb der Bundesregierung aber gebe es zu der Frage unterschiedliche Auffassungen. Auch der Missbrauchsbeauftragte Rörig sah gute Argumente für eine Änderung der aktuellen Regelung.
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